Im Nachhinein muss ich fast ein wenig über mich lächeln – ich bin ein Hochgebirgsmensch und wollte den Tag eigentlich in der Hohen Tatra verbringen und war nicht sofort restlos begeistert, die „echten Berge“ links liegen zu lassen und ins Slowakische Paradies zu fahren. Gut, dass meine bessere Hälfte insistiert hat und Petrus mit seinem – sagen wir mal: bescheidenen – Wetter für die Hohe Tatra ebenfalls etwas nachgeholfen hat. Ansonsten wäre mir nämlich wirklich ein absoluter Höhepunkt unseres Urlaubs entgangen!
Wir fahren also von unserer Ferienwohnung in Štrba etwas unterhalb des Štrbské Pleso eine knappe Stunde in südöstlicher Richtung nach Hrabušice-Podlesok, kaufen die Eintrittskarten fürs Slowakische Paradies (4€ pro Person) und befinden uns bereits wenige Gehminuten später am untersten Punkt der Schlucht Suchá Belá, dem ersten Höhepunkt der Tour. Von nun an geht es die enge Klamm nach oben. Der Weg hat dabei einige unbefestigte Passagen, bei denen wir direkt im Flussbett oder in unmittelbarer Ufernähe wandern. Den Großteil der Schlucht sind wir aber auf unzähligen Stahltreppen, auf in die Felsen geschlagenen Tritten, Holz- und Metallleitern unterwegs, balancieren über präparierte Baumstämme und ziehen uns an Ketten hoch. Es ist eine wahre Freude, diesem Weg zu folgen, denn überall gibt es etwas zu sehen: Kleine Wasserfälle, Felsbecken, in denen sich das Wasser sammelt, natürliche Aushöhlungen in den Felswänden – einfach toll! Eine sehr abwechslungsreiche Stunde später und etwas mehr als 400 Höhenmeter weiter oben kommen wir am Ende der Schlucht an, machen eine kleine Pause und stärken uns.
Hier oben könnten wir uns Mountainbikes ausleihen und zum nächsten Wegpunkt unserer Wanderung, der Berghütte Chata Kláštorisko, fahren. Wir wollen unsere Runde aber per Pedes absolvieren und gehen über einen Mix aus Fahrstraßen und schönen Waldwegen in Summe etwas bergab, bis wir nach rund einer Stunde auf der großen Freifläche ankommen, auf der nicht nur die mittelgroße Hütte steht, die Wanderern typisch slowakische Gerichte anbietet. In Sichtweite stehen hier auch die Ruinen eines alten Klosters, die touristisch sehr interessant aufbereitet sind. Und last not least endet hier ein weiterer Klammweg, der aber ebenfalls nur in eine Richtung begangen werden darf. Um an dessen Ausgangspunkt tief unten im Tal zu gelangen, gehen wir in einem großen Bogen hinunter zum Fluß Hornád, der ein weiteres Tages-Highlight für uns bereit hält: den Prielom Hornádu. Dabei handelt es sich um einen Canyon-artigen Abschnitt, in dem sich der Fluss über die Jahrtausende in unzähligen Bögen tief in den Fels gefressen hat. Der Pfad geht dabei nicht nur einfach am Fluss entlang – das wäre ja eigentlich schon schön genug -, sondern hält für uns sehr viele versicherte Stellen bereit, an denen wir direkt an den Steilwänden auf Metalltritten unterwegs sind, uns an Ketten festhaltend Steilstellen überwinden müssen, und mehrfach über kleine Hängebrücken die Flussseite wechseln. Es macht einen Riesenspaß, auf diese Art und Weise im ständigen Auf und Ab dem Fluss zu folgen.
Wir könnten diesen Weg nun bis zum Ausgangspunkt der Wanderung folgen, hatten uns ja aber einen „kleinen“ Umweg überlegt: Nach rund einem Drittel des Canyon-Weges kommen wir nämlich direkt am Einstieg in die Klamm Kláštorská Roklina vorbei, die weiter oben unweit der großen Lichtung endet, die wir einige Stunden zuvor schon einmal passiert haben. Diese Schlucht ist zwar deutlich kürzer als die Suchá Belá, ist nicht zuletzt wegen mehreren Wasserfällen aber ebenfalls wirklich sehenswert. Auch hier sind wir wieder auf vielen Leitern und Tritten unterwegs, an einigen Stellen geht es senkrecht direkt neben Wasserfällen nach oben – toll! Nach rund einer halben Stunde abwechslungsreicher Kraxelei kommen wir auf der großen Freifläche direkt unterhalb der Ruinen an. Jetzt nutzen wir die wir die Gelegenheit und werfen einen Blick in die alten Gemäuer – sehr interessant! Anschließend essen wir noch einen Happen und werfen dabei einige besorgte Blicke auf die imposanten Wolkentürme, die sich in der Zwischenzeit hinter uns aufgebaut haben. Noch scheint das Wetter zu halten, wir wollen uns aber trotzdem etwas beeilen und brechen auf. Wir haben ja schließlich noch einige Kilometer vor uns…
Da man den Klammweg ja nicht von oben nach unten durchsteigen soll, nehmen wir einen fast parallel verlaufenden Weg nach unten, der aber ebenfalls am unteren Beginn der Schlucht herauskommt. Von dort aus folgen wir wieder dem wunderbaren Canyon-Weg. Im hinteren Teil gibt es wieder viele Abschnitte, in denen wir auf Stahltritten direkt über dem Fluss unterwegs sind – herrlich! Wir genießen die restlichen Kilometer, freuen uns, dass das Wetter hält und kommen im späten Nachmittag wieder am Parkplatz an!
Das Slowakische Paradies ist wirklich nicht „nur ein Plan B“ für Tatra-Urlauber, die aus welchen Gründen auch immer für einen Tag mal nicht im Hochgebirge unterwegs sein wollen/können. Es lohnt sich, dieses faszinierende Wandergebiet gezielt anzusteuern. Es muss ja nicht die große Runde sein, die wir gemacht haben. Das Wegenetz lässt eine Vielzahl von Wanderungen verschiedenster Schwierigkeitsstufen zu und bietet noch viele andere Sehenswürdigkeiten. Die Klammwege unserer Tour erfordern natürlich Trittsicherheit, eine gewisse Kondition und Schwindelfreiheit, zaubern aber sicherlich vielen Wanderer:innen ein verzücktes Grinsen aufs Gesicht.
Ich habe mich jedenfalls sehr gefreut, den Tag in diesem Wandergebiet verbracht zu haben! Was für eine coole Wanderung, was für ein schöner Tag!
Maximale Höhe: 971 m
Minimale Höhe: 526 m
Gesamtanstieg: 1142 m
Gesamtabstieg: -1139 m
Gesamtzeit: 08:45:28
Disclaimer
Ich beschreibe auf meiner kleinen Website natürlich nur meine persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen. In der Bergen seid Ihr selbstverständlich eigenverantwortlich unterwegs. Bitte nutzt vor Euren Touren die mannigfaltigen Informationsmöglichkeiten im Netz, die einschlägige Literatur und/oder konsultiert die Informationsstellen vor Ort. Viel Spaß in den Bergen!