Der Štrbské Pleso ist nicht nur einer der beliebtesten touristisch erschlossenen Seen der Hohen Tatra, sondern auch einer der zentralen Ausgangspunkte für viele verschiedene interessante Wanderungen. Eine dieser Touren führt das Tal Mlynická Dolina hinauf zum beeindruckenden Wasserfall Skok (Vodopád Skok), führt an Bergseen vorbei zur Bystrá Lávka, wechselt dort hinüber ins Nachbartal Furkotska Dolina und endet nach einem attraktiven Abstieg an Seen vorbei letztlich wieder am Štrbské Pleso.
Wir starten am späten Morgen und folgen vom Bahnhof aus dem gelb markierten Weg, der zunächst an der Straße direkt neben dem See verläuft, aber schon bald im Wald verschwindet und in gerader Linie zum Vodopád Skok führt. Es ist ein wirklich schöner Wanderweg, der etwas späte Start fordert aber seinen Tribut – es sind nämlich sehr viele Wanderer und Spaziergänger unterwegs, die sich wohl zumindest den Wasserfall ansehen möchten. Aber egal, die Landschaft ist zauberhaft! Direkt unter dem Wasserfall machen wir eine Pause, hören und sehen, wie das Wasser die rund 25m hinunterschießt und genießen das eindrucksvolle Bergpanorama. Schon bald machen wir uns aber wieder auf die Socken und folgen wieder dem Weg, der nun sehr steil direkt an der Steilstufe nach oben geht. Die letzten Meter sind mit Ketten und Stahlklammern versichert. Im Trockenen sind sie zwar kaum notwendig, auf feuchtem Untergrund jedoch sicherlich höchst willkommen.
Von nun an bin ich alleine unterwegs – meine bessere Hälfte laboriert noch an nervigen Rückenproblemen und möchte aus diesem Grund lieber den Wasserfall und den nahegelegenen See (Pleso nad Skokum) erkunden und dann auf demselben Weg absteigen. Ich entscheide mich für die große Runde und gebe Gas, im Nachmittag wollen wir uns dann wieder am Štrbské Pleso treffen. Mein weiterer Weg zum Bystrá Lávka verläuft bis fast zum Talschluss über größere Hochplateaus mit Bergseen, wunderschönen Blumenwiesen und einem sehr schönen Bergpanorama. Es wechseln sich also flache Abschnitte mit steileren Passagen zur Überwindung der Steilstufen ab. Direkt am Capie Pleso biegt der Weg nach links ab und führt über Blockgelände, Schneefelder und Geröllpassagen steil nach oben.
In meiner Kindheit hat man noch den Bystre Sedlo als Verbindungsstück zum Nachbartal genutzt, wegen der dort verstärkten Erosion ist seit 1993 die rund 200m weiter südlich eingerichtete Scharte Bystrá Lávka (dt. ungefähr „Steiler Steig“) nunmehr Teil des Weges. Die letzten Meter bis zu diesem höchsten Punkt der Tour sind sehr steil und mit Ketten und Metallklammern versichert. Der Abschnitt ist technisch nicht wirklich schwierig, allerdings sollte man schon absolut trittsicher und frei von Höhenangst sein. Eine weitere Grundvoraussetzung scheint auch eine größere Portion Geduld zu sein, weil es sich hier schon mal stauen kann. Anders als bei anderen Sattelüberschreitungen in der Hoehen Tatra gibt es an der Bystrá Lávka keine explizite Empfehlung hinsichtlich der Tourenrichtung, sodass sich an diesem Nadelöhr die Menschenströme aus beiden Richtungen begegnen… Ich nutze die Wartezeit, um zurückzublicken und kann mich kaum satt sehen. Die Hochplateaus mit den Seen sind wirklich ein toller Anblick:
Nach rund 10-minütiger Wartezeit komme ich auf der anderen Seite an und muss nur noch die kurze kettenversicherte Stelle unterhalb der Scharte meistert – dann endlich kann ich den Ausblick genießen. Eine graue Wolkendecke hüllt zwar den Kriváñ und die anderen vor mir liegenden Berge ein, dafür ist der Obere Wahlenberg-See (Vyšné Wahlenbergovo Pleso) umso attraktiver. Bei diesem Bergsee handelt es sich um den zweithöchsten ständigen See der Hohen Tatra. Wir haben nun Mitte Juli, und er ist noch von Schneeresten umgeben. Hier und da treiben kleine Eisstücke und in der Uferregion schimmert es in einem wunderbaren Blau! Der Weg führt ohne Umwege direkt in Richtung Talausgang und geht über Blockplatten direkt am See vorbei. Danach geht es eine Steilstufe hinunter, wo mich der Soliskove Pleso und noch ein Stückchen weiter unten der Untere Wahlenberg-See (Nižné Wahlenbergovo Pleso) begrüßen.
Ich beobachte noch ein paar Gämsen, die weit über mir am Steilhang des Štrbské Solisko kraxeln und folge dem Weg weiter nach unten. Zunächst durch Latschengelände, wenig später direkt durch den Wald. Dieser Wegabschnitt mündet schließlich auf der Tatramagistrale, dem von Westen nach Osten verlaufenden Rückgrat des Wegenetzes der Hohen Tatra. Nun sind es nur noch wenige Kilometer zurück zum Štrbské Pleso.
Maximale Höhe: 2316 m
Minimale Höhe: 1322 m
Gesamtanstieg: 1359 m
Gesamtabstieg: -1311 m
Gesamtzeit: 05:57:31
Verlängerung zum Predné Solisko
Als ich noch nicht ganz auf der Tatramagistrale angekommen bin, hat meine bessere Hälfte bereits den Štrbské Pleso erreicht. Glücklicherweise hält ihr Rücken, und es ist noch etwas vom Tag übrig. Also verabreden wir uns kurzerhand noch zu einem Abstecher auf den Predné Solisko… Ich gehe also mit Maximaltempo zum Štrbské Pleso zurück, umrunde den See halb in nördlicher Richtung und treffe meine bessere Hälfte an der Talstation des Sessellifts. Wir gönnen uns den Spaß und fahren mit baumelden Beinen zur Chata pod Soliskom hinauf und gehen von der Bergstation aus durch größtenteils Blockgelände die rund 300 Höhenmeter zum Predné Solisko (2117m) hinauf, von dem wir einen wundervollen Blick u.a. auf den Štrbské Pleso, den Kriváñ und last not least auf den vorderen Teil unserer heutigen Tour haben. Rückzu nehmen wir denselben Weg und fahren vom Štrbské Pleso mit der Zahnradbahn noch zwei Stationen zu unserer Ferienwohnung in Štrba, in der wir kurz nach 18 Uhr ankommen.
Was für ein schöner Wandertag!
Maximale Höhe: 2078 m
Minimale Höhe: 1816 m
Gesamtanstieg: 311 m
Gesamtabstieg: -303 m
Gesamtzeit: 01:26:47
Der frühe Vogel hat seine Ruhe (oder so…)
Es lohnt sich, eine Stunde vor der „Welle“ der meisten anderen Wanderer und Spaziergänger zu starten – dann ist das Naturerlebnis noch schöner und vor allem ungestörter. Bei meinen Touren auf den Rysy und den Kriváñ ist mir genau das gelungen und hat mir in beiden Fällen viele unvergessliche Stunden „allein mit dem Berg“ beschert. Wer zeitlich flexibel ist, hat also so eine gute Chance, auch in den zu Stoßzeiten etwas überlaufenen Regionen der Hohen Tatra schöne ruhige Wandermomente genießen zu können!
Disclaimer
Ich beschreibe auf meiner kleinen Website natürlich nur meine persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen. In der Bergen seid Ihr selbstverständlich eigenverantwortlich unterwegs. Bitte nutzt vor Euren Touren die mannigfaltigen Informationsmöglichkeiten im Netz, die einschlägige Literatur (z.B. den Wanderführer „Hohe Tatra“ von Václav Klumpar, ISBN: 978-3-7633-4503-8) und/oder konsultiert die Informationsstellen vor Ort. Viel Spaß in den Bergen!