Wer in Nordtschechien mit dem Gleitschirm fliegen möchte, kommt an den Fluggebieten Zlatnik, Krupka und Rana eigentlich nicht vorbei! In diesem kleinen Artikel soll es um den Rana gehen, den ich mir so wie die anderen beiden fantastisch schönen Fluggebiete zu Beginn der 25er Flugsaison erschlossen habe – endlich! 🙂
Der Rana liegt im Norden Tschechiens und ist von Dresden aus in knapp 1,5h Autofahrt erreichbar, eignet sich also gerade noch als Feierabendfluggebiet. Der längliche Hügel ist in erster Näherung von Osten nach Westen ausgerichtet ist, verfügt über einen Nord- und einen Südstartplatz und entsprechende Landeplätze. Der südliche der beiden Landeplätze ist sehr gut über eine Straße erreichbar, der zugehörige Parkplatz befindet sich quasi in Sichtweite. Direkt daneben lädt ein urig-gemütliches Café zu Landebier, Landekaffe und Co. ein. Dort ist dann auch die Parkgebühr von 2€ zu entrichten. Eine Flycard o.ä. muss am Rana nicht erworben werden.
Auf der Nordseite parkt man direkt am nördlichen des Landeplatzes. Die Zufahrt erfolgt hier über einen Feldweg, der im Trockenen völlig problemlos zu befahren ist, bei meinem Besuch nach einem Regentag allerdings zur „Rana Rally Stage #1“ mutiert war, die mit Schlamm ohne Ende, hohen Spurrinnen, tiefen Löchern und Rampen auf den ersten Blick allerdings auch der WRC gut zu Gesicht gestanden hätte.
„Aber was ist schon so ein bisschen Dreck – Challenge accepted…“ raunte ich halblaut zu mir herüber. Endlich würden sich die unzähligen Simulatorstunden in „Richard Burns Rally“, „Dirt Rally 2.0“ & Co. bezahlt machen… Und so rutschte ich ambitioniert durch den Schlamm und hatte zu Beginn noch irren Spaß dabei, bis ich mir dann doch eingestehen musste, dass ich eben kein WRC-Auto unterm Hintern hatte, sondern gerade dabei war, ein Stadtautochen mit Frontantrieb durch den Matsch zu quälen, dessen Öffnungen sich zunehmend mit Schlamm füllten. Kein Scherz, tags darauf habe ich sogar im Auspuff Schlamm gefunden… 😀 Und so war es dann wohl auch nicht die schlechteste Idee, dass ich meine aufkeimende Rally-Karriere nach drei Vierteln des Weges an den Nagel gehängt habe und zum Südparkplatz gefahren bin. Bei Licht betrachtet, spielt es aber gar keine Rolle, auf welcher Seite des Berges das Auto steht. Der Rana ist ja nur ein kleines Hügelchen, entsprechend kurz sind die Wege. Nach der letzten Landung war es an diesem Tag sogar noch ein cooler Abschluss des Flugtags, über den Hügel zurück zum Auto zu schlendern – Zeit, die Tracks hochzuladen und den Flugtag in Ruhe noch einmal Revue passieren zu lassen…
Und fliegerisch?
Ok, am Rana kann man also Auto fahren und wandern – wie sieht es denn nun mit dem Fliegen aus? Mittlerweile war ich einige Mal am Rana und habe dieses tolle Fluggebiet bei den unterschiedlichsten Wetterbedingungen kennen lernen können:
Schwache…
Gleich bei meinem ersten Besuch am Rana waren die Bedingungen zunächst eher suboptimal. Der Wind war nämlich deutlich schwächer als angesagt, die Windfahne am Gipfel dümpelte unmotiviert vor sich hin, kaum ein Lüftchen zog den Hang hinauf, keine Thermik weit und breit. Entsprechend kurz waren die Flügchen, aber das machte ganz und gar nichts. Es war mein erstes Mal am Rana, ich war in guter Gesellschaft unterwegs und wir haben einfach versucht, die sehr kurzen Abgleiter so lange wie möglich auszudehnen, jeden minimalen Heber auszunutzen, in den Wenden möglichst wenig Höhe zu verlieren und sind nach den Landungen einfach wieder hochgelaufen, um es noch einmal zu versuchen! Hike&Fly-Modus also, meine beiden liebsten Outdoor-Hobbies kombiniert. 🙂 Und es hat sich gelohnt, an diesem Tag am Rana zu bleiben! Nach und nach frischte der Wind nämlich auf, sodass wir nach den ersten drei Abgleitern dann doch noch rund eine Stunde im Hangaufwind soaren konnten und fast bis zum Sonnenuntergang in der Luft waren! Was für ein Tag! 🙂
… stärkere…
Dann gab es auch Besuche, bei denen der Wind nur ein kleines bisschen stärker blies, gerade stark genug, um meinem Schirm im dynamischen Hangaufwind halten zu können. An solchen Tagen kommt es darauf an, dass möglichst wenige Piloten am Hang unterwegs sind und man nicht an ungünstigen Stellen wegen der Vorflugsregeln das sehr schmale Aufwindband verlassen muss. Dann verliert man nämlich sehr schnell an Höhe und steht ganz schnell am Landeplatz. Diese schwachen Bedingungen eignen sich aber wunderbar dazu, Kurventechniken zu trainieren, feinfühlig auf jedes Steigen und Sinken zu reagieren usw. 🙂
… und fast ideale Bedingungen …
Und dann gab es natürlich auch noch die richtig guten Tage! 🙂 So hatte ich im Winter einmal beste Soaring-Bedingungen und war so lange am Stück in der kalten Luft, bis ich meine Finger nicht mehr spüren konnte! 🙂
Der Knaller waren allerdings die Tage, an denen starker Wind und bereits recht hoch reichende Thermik mehrstündige Thermikflüge ermöglicht haben – und das im Februar! Was für ein Erlebnis! Die Aussicht von weiter oben war einfach fantastisch und ich habe eine Ahnung davon bekommen, welches Potenzial dieses tolle Fluggebiet hat. Und das alles quasi direkt vor der Haustür! Ich freue mich schon auf die Zeit, wenn die Tage länger werden, die Thermiken kräftig durchziehen und Streckenflüge möglich machen!
Heroischer Selbstversuch mit anhänglichen Minimonstern
Der Rana hat aber nicht nur fahrerische und fliegerische, sondern noch ganz andere Herausforderungen für mich bereit gehalten… Was aus einiger Entfernung nach fürs Hanglanden prädestinierten Bergflanken aussah, entpuppte sich nämlich sehr rasch als dritter oder vierter Vorhof der Hölle (ich habe irgendwann aufgehört zu zählen), als ich den Schirm bei einer Hanglandung abgelegt hatte, ihn zu einer Rosette zusammenraffen wollte und dabei die Art von ungesundem Widerstand spürte, der jedem Piloten das Blut in den Adern schockgefrieren lässt… Am Rana wimmelt es nämlich nur so vor dornenbestückten Sträuchern und Büschen – gefühlt in allen Formen & Größen. Nach 20 Minuten hatte ich dann endlich die Gleitschirmleinen aus den kleinen fiesen Dornendingsies gepopelt und kann diesen „Spaß“ wirklich nicht zur Nachahmung empfehlen… 😉 An den Startplätzen wiederum haben sich mehr oder weniger stark eingerissene Gummimatten als Leinenfänger herausgestellt – auch hier lohnt sich also ein genauer Blick!



Tritt in den Hintern
Übersieht man so einen „Einschlaufer“, kann dies Folgen haben – klar. Als service-orientierter Schreiberling habe ich natürlich auch dies für Dich ausprobiert… Als ich nach einem meiner Rana-Flugtage zu Hause meinen Schirm wegräumen wollte, ihn nochmal gelüftet und in seinem Zellpacksack verstaut hatte und gerade noch den Reißverschluss schließen wollte, grinste mich doch tatsächlich eine gerissene Bremsgallerieleine an…
„So ein Mist, der Schirm ist doch noch fast neu!!“ schoss es mir durch den Kopf, und eventuell ist auch der ein oder andere Ausdruck gefallen, der hier nicht unbedingt wiederholt werden muss… Das war wirklich kein schöner Moment! Ich hatte noch nie Reparaturen an meinen Gleitschirmen vorgenommen, erst recht nicht an den Leinen. Da sollte man nämlich tatsächlich wissen, was man tut. Und ich hatte bis dato keine Ahnung. Zu guter Letzt hat sich diese Nerverei aber als „dornige Chance“ (sry für dieses unbeholfene Wortspiel 😀 ) entpuppt. Es blieb mir ja nun gar nichts anderes übrig, als mich endlich einmal etwas genauer mit dem Thema zu beschäftigen. Und schließlich war der Leinenwechsel gar nicht so schlimm, wie ich es zuvor befürchtet hatte:
Die betroffene Leine aus dem Leinenplan des Schirmmodells heraussuchen, neue Leine via Kontaktformular bei Sepp von der Flugschule Hochries bestellen, zwei Tage auf die Post warten, dann alle anderen Leinenverbindungen bis zur defekten Leine entknoten/entschlaufen, die neue Leine einknoten und wieder alle anderen Leinen in der richtigen Reihenfolge anknüpfen…. Klingt nervig, ist es aber eigentlich nicht. Man muss es halt einmal gemacht haben. Und das habe ich ja nun und bin irgendwie sogar dankbar, dass mir der Rana im Bereich Schirmreparatur ein bisschen auf die Sprünge geholfen hat. Es muss jetzt trotzdem nicht gleich wieder vorkommen. Daher: Augen auf am Start- und Landeplatz! Nicht nur am Rana!
Was bleibt? Was wird?
Ich bin froh, dass ich mir nach und nach all die wunderschönen Fluggebiete in Nordtschechien erschließe und nun auch den Rana kennen gelernt habe! So viele Möglichkeiten, fast direkt vor der Haustür! Letztlich zeigt meine Flugstatistik, wie oft man am Rana in die Luft kommen kann, wenn man das Fluggebiet auf dem Schirm hat: In den ersten drei Monaten der 25er Flugsaison war ich 6 Mal am Rana und habe bei 21 Flügen insgesamt 11,5 Stunden in der Luft verbracht. Und das im Winter! Das ist ja schon mal äußerst viel versprechend. 🙂
Wie soll es nun weitergehen? Nun, ich hoffe, dass ich in der aktuellen Saison noch viele Stunden am Rana verbringen kann. Wirklich weggeflogen bin ich vom Rana ja noch nicht, das steht aber ganz fett und doppelt unterstrichen auf meiner To-Do-Liste. Das Fluggebiet ist unglaublich attraktiv, landschaftlich bezaubernd und lädt gerade dazu ein, auf Entdeckungstour zu gehen bzw. zu fliegen… 😉