Nun hatte es also doch geklappt! Nachdem wir in unserem Bassano-Urlaub zunächst mit einigen Wetter-Nervereien zu kämpfen hatten, konnten wir am Vortag unseren ersten Hunderter fliegen! Yeah! Und nun waren tatsächlich schon wieder ganz akzeptable Bedingungen angesagt! Die Basis sollte zwar viel niedriger sein aber die Thermikprognose und die Windstärke und -Richtung müssten eigentlich passen. Der Flugplan war schnell gemacht: Wie schon am Vortag wollten wir wieder nach Osten fliegen, diesmal allerdings viel weiter! Wir wollten das Piavetal queren, immer weiter nach Osten bis zum Col Visentin fliegen, dort den östlichen Wendepunkt setzen und anschließend so weit wie möglich nach Westen zurück fliegen…
Also los! E. ist vor mir gestartet, dann war ich an der Reihe, hatte jedoch aus verschiedenen kuriosen Gründen gleich mehrere Startabbrüche. So hatte sich beispielsweise das Reißverschlussschiffchen meines Gurtzeuges beim Ausdrehen eine der Gleitschirmleinen geschnappt und nicht mehr rausgerückt. Das hat man auch nicht alle Tage… Alles kein Drama, genervt hat es mich trotzdem ein bisschen. Besonders, weil E. und ich ja eigentlich gemeinsam fliegen wollten. Letztlich bin ich dann natürlich doch gut in die Luft gekommen und habe nun alles daran gesetzt, den Rückstand aufzuholen. Ich habe mir in den Thermiken nur die absolut notwendige Höhe geholt und bin ansonsten weitgehend voll beschleunigt nach Osten gedüst. Direkt vor dem Piavetal habe ich dann E. eingeholt, der gerade mit einigen anderen Piloten eine schwache Thermik kurbelte, um vor dem weiten Talsprung über die Piave noch etwas Höhe zu machen.
Als ich dazu kam, hatte ich allerdings das Gefühl, dass in dieser Thermik nichts mehr zu holen sein würde und bin bereits nach 1-2 Kreisen abgeflogen. Die Höhe war alles andere als komfortabel, um das relativ weite Tal zu überqueren. Vor allem schien es auf der anderen Seite nicht richtig hochzugehen. Zumindest schienen die voraus geflogenen Piloten echte Probleme zu haben, eine durchziehende Thermik zu finden. Herjeh… Nicht gut! Vor allem, weil es an dieser Stelle nur wenige Landemöglichkeiten gibt: Wegen der Bebauung und verwinkelter Plantagen mit hohen spitzen Wuchshilfen bleiben an dieser Stelle für eine etwaige Notlandung eigentlich nur kleinere Straßen – da will man aber eigentlich nicht landen, also zumindest ich nicht. Spannnnnnnnend… 😉
Als ich auf der anderen Seite ankam, war nicht mehr viel Luft zwischen mir und dem Boden, allerdings ist es mir dann gelungen, in äußerst hackigen Blasen ein gutes Stück hochzuachtern. Zumindest war ich jetzt hoch genug, dass das Notlandethema zunächst einmal ad acta gelegt werden konnte, puh! E. kam auf der anderen Talseite noch niedriger als ich an und hatte dann tatsächlich arg zu kämpfen, wieder ein bisschen Luft unter seinen Schirm zu bekommen. Auf E. zu warten war nicht wirklich eine Option, also flog ich schon mal weiter. An der nächsten Thermikquelle zog es dann endlich bis an die Wolkenbasis hoch – wundervoll! Von nun an konnte ich von Wolke zu Wolke fliegen. Zu Beginn waren wir zu viert oder zu fünft unterwegs, das Feld wurde aber immer kleiner, bis ich schließlich nur noch einen Mitflieger hatte, der in einiger Entfernung ungefähr in meinem Tempo unterwegs war. Zuvor hatten uns einige Hochleister voll beschleunigt einfach stehen lassen (mmmpf 😉 ), andere Pilot:innen waren mittlerweile umgekehrt, vermutlich, weil die Bergspitzen mehr und mehr in den Wolken zu stehen begannen.
Mir war es eigentlich recht, ich wollte ja so viel wie möglich selbst entscheiden, eigene Linien finden und nicht nur anderen hinterher fliegen. 🙂 Nach einiger Zeit kam der Col Visente in Sicht, über dessen Gipfel bereits eine dicke Wolke stand, die sich nach unten ausdehnte. Nach rund zwei Stunden Flugzeit habe ich einen gedanklichen Haken an den östlichen Wendepunkt gesetzt und bin umgekehrt. Die nächste Flugstunde war ein Träumchen. 🙂 Mittlerweile standen fast überall Wolken und zeigten die Thermiken an, sodass ich von Wolke zu Wolke fliegen konnte, diesmal ohne Mitflieger! Was für ein tolles Gefühl! Nur an einer Stelle habe ich mich hinter einer Rippe ein kleines bisschen versenkt, konnte mich aber recht zügig wieder ausbuddeln. 🙂
Jetzt musste ich das Piavetal noch überqueren, der Rest würde dann ein Kinderspiel werden. Oder doch nicht? Ich holte mir vor dem Talsprung noch einmal Höhe, drehte bis in die Wolke auf und flog los. Die Höhe müsste eigentlich reichen, allerdings machte mir der Südwestwind Sorgen, weil er auf der gegenüberliegenden Talseite im flachen Bereich sicherlich alles überspülen würde und jegliche Thermiken unnutzbar verblasen würde. Hoffentlich würde ich doch einen Bart finden!! Als ich das Tal dann endlich hinter mir hatte, wollte ich eigentlich stur der Ridge folgen, bis die Kanten steiler und die Querrippen ausgeprägter sind. In diesem Bereich müsste ich ganz sicher Thermiken finden. Allerdings wollte der Weg bis in den rettenden Bereich erst einmal geschafft werden, schließlich verlaufen gleich an mehren Stellen Stromleitungen quer zur Ridge, sodass man an diesen Stellen eben nicht hangnah „kratzen“ kann. Die für die Passage der Leitungen notwendige Höhe muss man schon bei der Talquerung mitbringen – was ich nicht gemacht hatte – oder sich direkt nach dem Talsprung holen.




Und das war das Problem. Der flache Bereich direkt nach dem Talsprung war derart vom Südwestwind überspült, dass ich einfach keine gute Thermik fand. Ich versuchte mich an schwachen, extrem stark verblasenen Thermiken festzukrallen, aber keine Chance. Die Höhe, die ich eben noch in gefühlt fünfhundert Kreisen erarbeitet hatte, war wenig später binnen Sekunden wieder vernichtet und ich begann von vorne. Und ein weiteres Mal. Letztlich musste ich mir im Piavetal einen Landeplatz suchen und fand auch glücklicherweise recht schnell eine große Wiese. Ich machte eine solide Landeeinteilung und wollte gerade in den Endanflug abbiegen, als ich in eine schwache Thermik einflog! Was? Super!!! Also Beine wieder in den Beinsack verstaut, Ärmel hochgekrempelt und noch einmal versuchen, Anschluss zu finden. Das wäre ja der Knaller, wenn ich mich aus 20m Höhe doch noch ausgraben könnte! Und es begann viel versprechend. Für die Verhältnisse hatte ich ein solides Steigen von etwas mehr als 1m/s. Jetzt ja nicht aus der Thermik herausfallen!!! Tja, leider war der Bart nach rund 100m Höhe komplett vom starken Talwind verblasen, verdammt! Also blieb mir nichts anderes übrig, als erneut in den Landemodus zu wechseln, den Landeanflug zu wiederholen und letztlich auf der Wiese zu landen, die ich mir bereits zuvor herausgesucht hatte.
Schade, schade, schade… Ich hätte nach der Talquerung 100-200m mehr Höhe benötigt und hätte dann 100%-ig zum Startplatz zurückfliegen können und vermutlich den Flug auch noch weiter in Richtung Westen verlängern können! Tja, „hätte“… 😉 Allerdings war ich an dem Tag nicht der einzige, den dieses Schicksal ereilt hat. 20 Minuten nach mir kam E. übers Tal geflogen, hatte mit seinen Mitfliegern ähnliche Probleme und musste wenige Kilometer weiter westlich landen, wo bereits andere Piloten, u.a. auch einige Locals, heruntergespült worden sind.
Trotz dieses verpassten Hunderters behalte ich diesen Flug aber als einen meiner besten Flüge in Erinnerung – letztlich bin ich den Großteil der 80 XC-Kilometer alleine geflogen und habe quasi alles richtig gemacht! Moment mal, alles richtig gemacht? Naja, eventuell hätte ich am Ende beim Überqueren der Piave eine andere Linie wählen können?! Aber wer weiß, ob das geklappt hätte! Nach meinem ersten Hunderter am Vortag und diesem tollen Flug war ich letztlich aber sehr zufrieden! Und das Beste war: Nachdem ich ein paar Kilometer auf der Schnellstraße unterwegs war, wurde ich von B. und U. eingesammelt, die zuvor schon E. aufgegabelt hatten, sodass wir alle noch einen schicken Abendflug machen konnten! Danke, B., für den Rückholer! Was für ein Tag! 🙂
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