Im Nachhinein muss ich fast ein wenig über mich lächeln – ich bin ein Hochgebirgsmensch und wollte den Tag eigentlich in der Hohen Tatra verbringen und war nicht sofort restlos begeistert, die „echten Berge“ links liegen zu lassen und ins Slowakische Paradies zu fahren. Gut, dass meine bessere Hälfte insistiert hat und Petrus mit seinem – sagen wir mal: bescheidenen – Wetter für die Hohe Tatra ebenfalls etwas nachgeholfen hat. Ansonsten wäre mir nämlich wirklich ein absoluter Höhepunkt unseres Urlaubs entgangen!

Wir fahren also von unserer Ferienwohnung in Štrba etwas unterhalb des Štrbské Pleso eine knappe Stunde in südöstlicher Richtung nach Hrabušice-Pedlosok, kaufen die Eintrittskarten fürs Slowakische Paradies (4€ pro Person) und befinden uns bereits wenige Gehminuten später am untersten Punkt der Schlucht Suchá Belá, dem ersten Höhepunkt der Tour. Von nun an geht es die enge Klamm nach oben. Der Weg hat dabei einige unbefestigte Passagen, bei denen wir direkt im Flussbett oder in unmittelbarer Ufernähe wandern. Den Großteil der Schlucht sind wir aber auf unzähligen Stahltreppen, auf in die Felsen geschlagenen Tritten, Holz- und Metallleitern unterwegs, balancieren über präparierte Baumstämme und ziehen uns an Ketten hoch. Es ist eine wahre Freude, diesem Weg zu folgen, denn überall gibt es etwas zu sehen: Kleine Wasserfälle, Felsbecken, in denen sich das Wasser sammelt, natürliche Aushöhlungen in den Felswänden – einfach toll! Eine sehr abwechslungsreiche Stunde später und etwas mehr als 400 Höhenmeter weiter oben kommen wir am Ende der Schlucht an, machen eine kleine Pause und stärken uns.

Hier oben könnten wir uns Mountainbikes ausleihen und zum nächsten Wegpunkt unserer Wanderung, der Berghütte Chata Kláštorisko, fahren. Wir wollen unsere Runde aber per Pedes absolvieren und gehen über einen Mix aus Fahrstraßen und schönen Waldwegen in Summe etwas bergab, bis wir nach rund einer Stunde auf der großen Freifläche ankommen, auf der nicht nur die mittelgroße Hütte steht, die Wanderern typisch slowakische Gerichte anbietet. In Sichtweite stehen hier auch die Ruinen eines alten Klosters, die touristisch sehr interessant aufbereitet sind. Und last not least endet hier ein weiterer Klammweg, der aber ebenfalls nur in eine Richtung begangen werden darf. Um an dessen Ausgangspunkt tief unten im Tal zu gelangen, gehen wir in einem großen Bogen hinunter zum Fluß Hornád, der ein weiteres Tages-Highlight für uns bereit hält: den Prielom Hornádu. Dabei handelt es sich um einen Canyon-artigen Abschnitt, in dem sich der Fluss über die Jahrtausende in unzähligen Bögen tief in den Fels gefressen hat. Der Pfad geht dabei nicht nur einfach am Fluss entlang – das wäre ja eigentlich schon schön genug -, sondern hält für uns sehr viele versicherte Stellen bereit, an denen wir direkt an den Steilwänden auf Metalltritten unterwegs sind, uns an Ketten festhaltend Steilstellen überwinden müssen, und mehrfach über kleine Hängebrücken die Flussseite wechseln. Es macht einen Riesenspaß, auf diese Art und Weise im ständigen Auf und Ab dem Fluss zu folgen.

Wir könnten diesen Weg nun bis zum Ausgangspunkt der Wanderung folgen, hatten uns ja aber einen „kleinen“ Umweg überlegt: Nach rund einem Drittel des Canyon-Weges kommen wir nämlich direkt am Einstieg in die Klamm Kláštorská Roklina vorbei, die weiter oben unweit der großen Lichtung endet, die wir einige Stunden zuvor schon einmal passiert haben. Diese Schlucht ist zwar deutlich kürzer als die Suchá Belá, ist nicht zuletzt wegen mehreren Wasserfällen aber ebenfalls wirklich sehenswert. Auch hier sind wir wieder auf vielen Leitern und Tritten unterwegs, an einigen Stellen geht es senkrecht direkt neben Wasserfällen nach oben – toll! Nach rund einer halben Stunde abwechslungsreicher Kraxelei kommen wir auf der großen Freifläche direkt unterhalb der Ruinen an. Jetzt nutzen wir die wir die Gelegenheit und werfen einen Blick in die alten Gemäuer – sehr interessant! Anschließend essen wir noch einen Happen und werfen dabei einige besorgte Blicke auf die imposanten Wolkentürme, die sich in der Zwischenzeit hinter uns aufgebaut haben. Noch scheint das Wetter zu halten, wir wollen uns aber trotzdem etwas beeilen und brechen auf. Wir haben ja schließlich noch einige Kilometer vor uns…

Da man den Klammweg ja nicht von oben nach unten durchsteigen soll, nehmen wir einen fast parallel verlaufenden Weg nach unten, der aber ebenfalls am unteren Beginn der Schlucht herauskommt. Von dort aus folgen wir wieder dem wunderbaren Canyon-Weg. Im hinteren Teil gibt es wieder viele Abschnitte, in denen wir auf Stahltritten direkt über dem Fluss unterwegs sind – herrlich! Wir genießen die restlichen Kilometer, freuen uns, dass das Wetter hält und kommen im späten Nachmittag wieder am Parkplatz an!

Das Slowakische Paradies ist wirklich nicht „nur ein Plan B“ für Tatra-Urlauber, die aus welchen Gründen auch immer für einen Tag mal nicht im Hochgebirge unterwegs sein wollen/können. Es lohnt sich, dieses faszinierende Wandergebiet gezielt anzusteuern. Es muss ja nicht die große Runde sein, die wir gemacht haben. Das Wegenetz lässt eine Vielzahl von Wanderungen verschiedenster Schwierigkeitsstufen zu und bietet noch viele andere Sehenswürdigkeiten. Die Klammwege unserer Tour erfordern natürlich Trittsicherheit, eine gewisse Kondition und Schwindelfreiheit, zaubern aber sicherlich vielen Wanderer:innen ein verzücktes Grinsen aufs Gesicht.

Ich habe mich jedenfalls sehr gefreut, den Tag in diesem Wandergebiet verbracht zu haben! Was für eine coole Wanderung, was für ein schöner Tag!

Gesamtstrecke: 24675 m
Maximale Höhe: 971 m
Minimale Höhe: 526 m
Gesamtanstieg: 1142 m
Gesamtabstieg: -1139 m
Gesamtzeit: 08:45:28

Disclaimer
Ich beschreibe auf meiner kleinen Website natürlich nur meine persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen. In der Bergen seid Ihr selbstverständlich eigenverantwortlich unterwegs. Bitte nutzt vor Euren Touren die mannigfaltigen Informationsmöglichkeiten im Netz, die einschlägige Literatur und/oder konsultiert die Informationsstellen vor Ort. Viel Spaß in den Bergen!

Der Štrbské Pleso ist nicht nur einer der beliebtesten touristisch erschlossenen Seen der Hohen Tatra, sondern auch einer der zentralen Ausgangspunkte für viele verschiedene interessante Wanderungen. Eine dieser Touren führt das Tal Mlynická Dolina hinauf zum beeindruckenden Wasserfall Skok (Vodopád Skok), führt an Bergseen vorbei zur Bystrá Lávka, wechselt dort hinüber ins Nachbartal Furkotska Dolina und endet nach einem attraktiven Abstieg an Seen vorbei letztlich wieder am Štrbské Pleso.

Wir starten am späten Morgen und folgen vom Bahnhof aus dem gelb markierten Weg, der zunächst an der Straße direkt neben dem See verläuft, aber schon bald im Wald verschwindet und in gerader Linie zum Vodopád Skok führt. Es ist ein wirklich schöner Wanderweg, der etwas späte Start fordert aber seinen Tribut – es sind nämlich sehr viele Wanderer und Spaziergänger unterwegs, die sich wohl zumindest den Wasserfall ansehen möchten. Aber egal, die Landschaft ist zauberhaft! Direkt unter dem Wasserfall machen wir eine Pause, hören und sehen, wie das Wasser die rund 25m hinunterschießt und genießen das eindrucksvolle Bergpanorama. Schon bald machen wir uns aber wieder auf die Socken und folgen wieder dem Weg, der nun sehr steil direkt an der Steilstufe nach oben geht. Die letzten Meter sind mit Ketten und Stahlklammern versichert. Im Trockenen sind sie zwar kaum notwendig, auf feuchtem Untergrund jedoch sicherlich höchst willkommen.

Von nun an bin ich alleine unterwegs – meine bessere Hälfte laboriert noch an nervigen Rückenproblemen und möchte aus diesem Grund lieber den Wasserfall und den nahegelegenen See (Pleso nad Skokum) erkunden und dann auf demselben Weg absteigen. Ich entscheide mich für die große Runde und gebe Gas, im Nachmittag wollen wir uns dann wieder am Štrbské Pleso treffen. Mein weiterer Weg zum Bystrá Lávka verläuft bis fast zum Talschluss über größere Hochplateaus mit Bergseen, wunderschönen Blumenwiesen und einem sehr schönen Bergpanorama. Es wechseln sich also flache Abschnitte mit steileren Passagen zur Überwindung der Steilstufen ab. Direkt am Capie Pleso biegt der Weg nach links ab und führt über Blockgelände, Schneefelder und Geröllpassagen steil nach oben.

In meiner Kindheit hat man noch den Bystre Sedlo als Verbindungsstück zum Nachbartal genutzt, wegen der dort verstärkten Erosion ist seit 1993 die rund 200m weiter südlich eingerichtete Scharte Bystrá Lávka (dt. ungefähr „Steiler Steig“) nunmehr Teil des Weges. Die letzten Meter bis zu diesem höchsten Punkt der Tour sind sehr steil und mit Ketten und Metallklammern versichert. Der Abschnitt ist technisch nicht wirklich schwierig, allerdings sollte man schon absolut trittsicher und frei von Höhenangst sein. Eine weitere Grundvoraussetzung scheint auch eine größere Portion Geduld zu sein, weil es sich hier schon mal stauen kann. Anders als bei anderen Sattelüberschreitungen in der Hoehen Tatra gibt es an der Bystrá Lávka keine explizite Empfehlung hinsichtlich der Tourenrichtung, sodass sich an diesem Nadelöhr die Menschenströme aus beiden Richtungen begegnen… Ich nutze die Wartezeit, um zurückzublicken und kann mich kaum satt sehen. Die Hochplateaus mit den Seen sind wirklich ein toller Anblick:

Nach rund 10-minütiger Wartezeit komme ich auf der anderen Seite an und muss nur noch die kurze kettenversicherte Stelle unterhalb der Scharte meistert – dann endlich kann ich den Ausblick genießen. Eine graue Wolkendecke hüllt zwar den Kriváñ und die anderen vor mir liegenden Berge ein, dafür ist der Obere Wahlenberg-See (Vyšné Wahlenbergovo Pleso) umso attraktiver. Bei diesem Bergsee handelt es sich um den zweithöchsten ständigen See der Hohen Tatra. Wir haben nun Mitte Juli, und er ist noch von Schneeresten umgeben. Hier und da treiben kleine Eisstücke und in der Uferregion schimmert es in einem wunderbaren Blau! Der Weg führt ohne Umwege direkt in Richtung Talausgang und geht über Blockplatten direkt am See vorbei. Danach geht es eine Steilstufe hinunter, wo mich der Soliskove Pleso und noch ein Stückchen weiter unten der Untere Wahlenberg-See (Nižné Wahlenbergovo Pleso) begrüßen.

Ich beobachte noch ein paar Gämsen, die weit über mir am Steilhang des Štrbské Solisko kraxeln und folge dem Weg weiter nach unten. Zunächst durch Latschengelände, wenig später direkt durch den Wald. Dieser Wegabschnitt mündet schließlich auf der Tatramagistrale, dem von Westen nach Osten verlaufenden Rückgrat des Wegenetzes der Hohen Tatra. Nun sind es nur noch wenige Kilometer zurück zum Štrbské Pleso.

Gesamtstrecke: 16878 m
Maximale Höhe: 2316 m
Minimale Höhe: 1322 m
Gesamtanstieg: 1359 m
Gesamtabstieg: -1311 m
Gesamtzeit: 05:57:31

Verlängerung zum Predné Solisko
Als ich noch nicht ganz auf der Tatramagistrale angekommen bin, hat meine bessere Hälfte bereits den Štrbské Pleso erreicht. Glücklicherweise hält ihr Rücken, und es ist noch etwas vom Tag übrig. Also verabreden wir uns kurzerhand noch zu einem Abstecher auf den Predné Solisko… Ich gehe also mit Maximaltempo zum Štrbské Pleso zurück, umrunde den See halb in nördlicher Richtung und treffe meine bessere Hälfte an der Talstation des Sessellifts. Wir gönnen uns den Spaß und fahren mit baumelden Beinen zur Chata pod Soliskom hinauf und gehen von der Bergstation aus durch größtenteils Blockgelände die rund 300 Höhenmeter zum Predné Solisko (2117m) hinauf, von dem wir einen wundervollen Blick u.a. auf den Štrbské Pleso, den Kriváñ und last not least auf den vorderen Teil unserer heutigen Tour haben. Rückzu nehmen wir denselben Weg und fahren vom Štrbské Pleso mit der Zahnradbahn noch zwei Stationen zu unserer Ferienwohnung in Štrba, in der wir kurz nach 18 Uhr ankommen.

Was für ein schöner Wandertag!

Gesamtstrecke: 1882 m
Maximale Höhe: 2078 m
Minimale Höhe: 1816 m
Gesamtanstieg: 311 m
Gesamtabstieg: -303 m
Gesamtzeit: 01:26:47

Der frühe Vogel hat seine Ruhe (oder so…)
Es lohnt sich, eine Stunde vor der „Welle“ der meisten anderen Wanderer und Spaziergänger zu starten – dann ist das Naturerlebnis noch schöner und vor allem ungestörter. Bei meinen Touren auf den Rysy und den Kriváñ ist mir genau das gelungen und hat mir in beiden Fällen viele unvergessliche Stunden „allein mit dem Berg“ beschert. Wer zeitlich flexibel ist, hat also so eine gute Chance, auch in den zu Stoßzeiten etwas überlaufenen Regionen der Hohen Tatra schöne ruhige Wandermomente genießen zu können!

Disclaimer
Ich beschreibe auf meiner kleinen Website natürlich nur meine persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen. In der Bergen seid Ihr selbstverständlich eigenverantwortlich unterwegs. Bitte nutzt vor Euren Touren die mannigfaltigen Informationsmöglichkeiten im Netz, die einschlägige Literatur (z.B. den Wanderführer „Hohe Tatra“ von Václav Klumpar, ISBN: 978-3-7633-4503-8) und/oder konsultiert die Informationsstellen vor Ort. Viel Spaß in den Bergen!

Am letzten Urlaubstag in der Hohen Tatra haben wir eine wundervolle Tour unternommen, die mir noch lange in Erinnerung bleiben wird. In vielerlei Hinsicht beinhaltet diese Wanderung all das, was ich an der Hohen Tatra so liebe: Abwechslungsreiche Wege, wundervolle Ausblicke, Berghütten, Bergseen, Wasserfälle und Kletterpassagen – einfach wundervoll!

An diesem Tag liegt unser Wandergebiet im östlichen Teil der Hohen Tatra, ganz in der Nähe der ikonischen Lomnitzspitze, ist also ein gutes Stück von unserer Ferienwohnung in Štrba entfernt. Dank der hervorragenden Infrastruktur im Slowakischen Teil der Hohen Tatra ist es aber nur ein Klacks, zu unserem Ausgangspunkt, dem Hrebienok, zu gelangen: Wir nehmen die Zahnradbahn bis zum Štrbské Pleso, steigen dort in die Tatrabahn um, fahren bis Stary Smokovec und nehmen dort die Standseilbahn zum Hrebienok. Bereits nach einer guten Stunde Fahrtzeit können wir unsere Wanderung starten.

Wir folgen zunächst nicht dem kürzesten Weg zur Téryho Chata (dt. „Téryhütte“), sondern nehmen im ersten Abschnitt den längeren grünen Weg – so kommen wir an einigen sehr schönen Wasserfällen vorbei, die die paar zusätzlichen Gehminuten allemal wert sind! Kurz nach der Rainerova Chata (dt. „Rainerhütte“) vereinigt sich der grüne Wanderweg mit der Tatramagistrale, die erst kurz vor der Zamkovského Chata (dt. „Zamkovskyhütte“) weiter in Richtung Osten abbiegt. Wir bleiben jedoch auf dem grün markierten Weg, der nun fast in gerader Linie mit moderater Steigung in Richtung Téryho Chata strebt. Zunächst geht es noch durch den Wald, schon bald wird das Gelände offener. Auf der rechten Seite prangt weit oben die Lomnitzspitze, und in der Ferne kann man schon den Wasserfall direkt unter der Téryho Chata ausmachen, die ganz vorne an der Klippe steht – was für ein toller Anblick!

Erst kurz vor dem Wassserfall wird der Weg steiler. Die letzten Meter vor der Hütte führen an einem zweiten Wasserfall vorbei, und wenig später stehen wir direkt vor der Téryho Chata und befinden uns nun auf einem Hochplateau mit drei sehr schönen Bergseen. Wir machen eine kurze Pause, essen und trinken etwas und besprechen den weiteren Plan:

Von hier an wollen wir unseren Wandertag getrennt verbringen: Während meine bessere Hälfte vor Ort in aller Ruhe die Seen erkunden und dann auf demselben Weg zurück zum Hrebienok gehen möchte, reizt mich die große Runde über das Nachbartal Vel’ká Studená Dolina. Im späten Nachmittag wollen wir uns dann wieder am Ausgangspunkt treffen.
Mein Weg beinhaltet dabei etliche zusätzliche Höhenmeter und ist deutlich länger – ich verabschiede mich also bald und gehe nun sehr zügig auf dem gelben Pfad, der zunächst unterhalb der Pfinnova Kopa steil hinaufführt – hier sind stellenweise Stahlketten angebracht, die ich bei den idealen Bedingungen an diesem Tag aber kaum brauche. Dann schlängelt sich der Weg um den Berg und führt für kurze Zeit wieder ein Stück nach unten. An der Wegkreuzung bleibe ich auf dem gelben Weg – der blaue Pfad geht in Richtung Polen. Vor mir liegt nun ein unangenehm zu begehendes rutschiges Geröllfeld, das ich aber schnell in engen Serpentinen hochsteige, weil ich über mir bereits den Einstiegspunkt zu einem der absoluten Highlights der Tour sehe.

Rund Hundert Höhenmeter unter dem Priečne Sedlo (in dt. Sprache als „Prinzensattel“ bekannt), der die Verbindung zum Nachbartal Vel’ká Studená Dolina ist, beginnt eine fast senkrechte Wand, die man von Sicherungsketten und Metallklammern unterstützt durchsteigen muss. Diese Passage würde ich nur bei gutem Wetter und für äußerst trittsichere Wanderer empfehlen, die absolut keine Höhenangst haben und in der Lage sind, sich an Stahlketten emporzuziehen. Ein Helm als Schutz vor herabfallenden Steinen kann sicherlich auch nicht schaden. Wer ein Klettersteigset parat hat, kann auch auf den nur wenige Meter entfernt parallel verlaufenden Klettersteig niedriger Schwierigkeit ausweichen, der nicht zuletzt zur Entlastung der normalen Route eingerichtet worden ist.

Ich habe auf meiner Tour das große, große Glück, weder Vorsteiger noch Gegenverkehr zu haben, habe diese Passage also ganz für mich und kann die Wand mit einem großen Grinsen auf dem Gesicht hochklettern! Was für ein gewaltiger Spaß! 🙂
Der Abstieg auf der anderen Seite des Sattels gestaltet sich nicht ganz so steil, ist aber auch mit Ketten und Metallklammern gesichert. Direkt nach dem versicherten Abstieg folgt ein rutschiger Geröllabschnitt, der wenig später glücklicherweise in einen wunderbaren Bergweg übergeht. Die Zbojnícka Chata (dt. „Räuberhütte“) liegt ebenfalls auf meinem Weg und ist hier und da bereits in der Ferne zu sehen. Sie versteckt sich ganz in der Nähe eines Bergsees hinter einer Erhebung und lugt hin und wieder hervor. Es dauert aber noch etwas, bis ich sie erreiche, weil der Weg in einer großen Schlaufe fast den ganzen hintern Abschnitt des Vel’ke Studena Dolina durchmisst. Ich passiere u.a. die malerischen Bergseen Starolesnianske Pleso und Sesterské Pleso, umkurve Felsrippen, passiere Schneefelder und habe auf diese Weise ständig neue Perspektiven und tolle Ausblicke. Hoch über dem Talschluss erkenne ich den Pol’sky Hrebeñ, auf dem ich einige Tage zuvor gestanden habe und wetterbedingt eine Tour abgebrochen habe. So fügt sich alles zusammen…

Ich mache kurz an der Räuberhütte Halt, trinke etwas und beobachte dabei amüsiert einen Fuchs, der wie zufällig an rastenden Wanderern vorbeischlendert und vermutlich auf den einen oder anderen zusätzlichen Happen hofft, sich aber bald ins freie Gelände trollt. Auch ich muss los – ich will mich beeilen und das hohe Tempo halten – schließlich möchte ich meine bessere Hälfte tief unten im Tal nicht warten lassen… 😉 Der gelbe Weg endet an der Räuberhütte. Von nun an bin ich auf dem blau markierten Pfad unterwegs, der zunächst steil nach unten führt und dann mehr oder weniger in gerader Linie dem Fluss folgt. Ich genieße den Abstieg und schaue dabei immer wieder auf das eindrucksvolle Bergpanorama. Die letzten Kilometer führen zunächst durch Latschengelände und anschließend durch den Wald – ebenfalls sehr schön!

An der letzten Brücke vor dem Hrebienok treffen unser Hinweg und mein Rückweg aufeinander, und ich warte noch kurz auf meine bessere Hälfte, die wenig später eintrifft. Wir erzählen uns begeistert von unseren Erlebnissen, fahren mit der Standseilbahn zurück nach Stary Smokovic und lassen uns das Abendessen im wirklich empfehlenswerten Restaurant „Koliba Kamzík“ schmecken, bevor wir mit der Tatrabahn und einem Regionalzug zurück nach Štrba fahren, wo wir bereits nach weniger als einer Stunde Fahrtzeit ankommen.

Was für ein wunderbarer erfüllter Tag und gelungener Abschluss unseres Tatra-Urlaubs! 🙂

Meine große Runde ist mit Sicherheit eine der schönsten Wanderungen in der Hohen Tatra! Es ist eine lange Tour mit unzähligen Highlights, die ich gerne allen Wander:innen empfehlen möchte, die konditionsstark und absolut trittsicher und frei von Höhenangst sind! Mit diesen Voraussetzungen ist die Tour ein purer Genuss!

Gesamtstrecke: 20399 m
Maximale Höhe: 2302 m
Minimale Höhe: 1223 m
Gesamtanstieg: 1441 m
Gesamtabstieg: -1434 m
Gesamtzeit: 08:33:16

Disclaimer
Ich beschreibe auf meiner kleinen Website natürlich nur meine persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen. In der Bergen seid Ihr selbstverständlich eigenverantwortlich unterwegs. Bitte nutzt vor Euren Touren die mannigfaltigen Informationsmöglichkeiten im Netz, die einschlägige Literatur (z.B. den Wanderführer „Hohe Tatra“ von Václav Klumpar, ISBN: 978-3-7633-4503-8) und/oder konsultiert die Informationsstellen vor Ort. Viel Spaß in den Bergen!

Die letzten Tage in der Hohen Tatra waren wettertechnisch …. sagen wir mal: herausfordernd. Jeden Tag gab es mehrere Unwetterwarnungen, die sich zwar nicht immer bewahrheiteten. Wenn es dann aber doch zu Starkregen, Hagel und Gewitter kam, waren die Nachrichten voll mit Berichten u.a. über Murenabgänge mit all den Folgen für Wanderer, die ich hier nicht näher beschreiben will. Natürlich habe ich deswegen besonders intensiv ins Wetter geschaut, bevor ich mich heute auf die Socken gemacht habe. Eigentlich sollte ich ein Fenster bis 14 Uhr haben – danach würde die Gewitterwahrscheinlichkeit signifikant zunehmen.

Der Plan war also, von Tatranská Polianka mit Maximaltempo zum Sliezsky Dom aufzusteigen und von dort in mehr oder weniger gerader Linie zum Sattel Pol’sky Hrebeñ hinaufzugehen. Wegen eines kleinen persönlichen Fuckups bin ich ausgerechnet heute etwas spät dran und steige erst 8:45 Uhr in Tatranská Polianka aus der Tatrabahn aus. Ich folge dem ausgeschilderten Weg zum Sliezsky Dom, der sich als sehr schöner Wanderweg entpuppt. Zunächst führt er mich durch den Wald, kreuzt dabei mehrmals das Bergflüsschen Velicky Potok, bis er schließlich am Sliezsky Dom ankommt.

Ich gönne mir wegen des sportlichen Zeitplans keine Pause, sondern folge dem Pfad entlang des Velické Pleso, der kurz darauf die Steilstufe zum sehr schön anzuschauenden Wasserfall Velicky Vodopad hinaufführt.

Oben angekommen, erwartet mich ein imposantes Bergpanorama mit der schönsten Bergblumenwiese, die ich ich in diesem Tatra-Urlaub zu sehen bekommen habe. Zwei, drei Fotos später steige ich weiter auf zum nächsten Bergsee auf der Route, dem Dlhé Pleso.

Nun wird es wieder ein wenig steiler, der Untergrund wird gerölliger. Ich laufe an einigen Schneefeldern vorbei und komme schließlich an dem kleinen Kletterstück an, das mit etlichen Ketten und Metallklammern versichert ist. Im Trockenen ist diese Passage absolut kein Problem, wenn der Untergrund nass ist, wird es hier sicherlich zumindest etwas schwieriger.

Geschafft, es ist kurz nach 11 Uhr und ich bin am Sattel Pol’sky Hrebeñ angekommen. Mich erwartet ein toller Rundumblick, der alles hat, was mich als Wanderer begeistert: Schroffe Berge, wundervolle Bergseen, steile Abhänge und einige (leichte) Kletterstellen. Ich esse schnell etwas, ziehe mir trockene Sachen an und will den Endanstieg zum Vychodná Vysoká in Angriff nehmen, als mein Handy möppelt: Eine Unwetterwarnung per SMS.

Kleines Panorama in westlicher Richtung: Links der Dlhé Pleso, rechts der Zamrznute Pleso. Hinter den Wolken u.a. die Gerlachspitze.

Warnung vor Starkregen, Sturm, Gewitter und Hagel. Verdammt, ich habe keine Datenverbindung, kann also in Windy & Co. nichts checken und bin nur auf meine eigene Einschätzung des Wolkenbildes angewiesen. Und das verändert sich im Minutentakt. Eben waren die benachbarten Gipfel (Litvorovy Štít, Zadny Gerlach usw.) noch zu sehen, doch nun stehen sie plötzliche in ultradunklen Wolken.

Das reicht mir, ich ziehe die Reißleine für die heutige Tour und steige auf demselben Weg wieder ab. Ich denke, dass ich alles richtig gemacht habe, genau weiß ich es natürlich nicht. Auf dem Rückweg ab Sliecsky Dom höre ich immer wieder Gewitter und als ich unten an der Bahnstation ankomme, fängt es mittelstark zu regnen an… Tja, so kann es gehen.

Gesamtstrecke: 16209 m
Maximale Höhe: 2185 m
Minimale Höhe: 990 m
Gesamtanstieg: 1342 m
Gesamtabstieg: -1341 m
Gesamtzeit: 05:08:27

Tourenvarianten
Bei Wetterlagen ohne Gewitterneigung hätte ich natürlich den kleinen Abstecher zum Vychodná Vysoká gemacht und hätte dann den Sattel in Richtung Zbojnícka Chata überschritten, um dann durch das Vel’ká Studená Dolina bis Hrebienok zu laufen und ab Stary Smokovec mit der Bahn zurück nach Štrba zu kommen. Diese Tourvariante ist unter den zahlreichen möglichen Routen die für meinen Geschmach schönste – hoffentlich kann ich sie bei einem der nächsten Tatraurlaube verwirklichen.

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Noch immer trage ich Kindheitserinnerungen an meine ersten Wanderungen in der Hohen Tatra in mir und spüre sofort jenen eindrucksvollen Gefühlsmix aus Abenteuer, Aufregung, Anstrengung und Stolz über eine Gipfelbesteigung in mir, wenn ich daran denke, wie ich als 5-Jähriger zum ersten Mal in meinem Leben in einem höheren Gebirge unterwegs war. Ich weiß noch, wie sehr mich der Bergsteigerfriedhof am Popradské Pleso fasziniert hat und wie ich staunend auf dem Rysy stand, mit dem einen Bein in Polen und dem anderen auf dem Gebiet der damaligen Tschecheslowakei. Dies alles gepaart mit den Erinnerungen an die wundervolle Landschaft und urigen Hütten…

In meinem jetzigen Tatraurlaub wollte ich unbedingt noch einmal auf die Berge meiner Kindheit gehen, und an diesem Tag hatte ich mir den Rysy ausgesucht. Damit ich möglichst vor dem zu erwartenden Wandererstrom unterwegs sein konnte, bimmelte um 3 Uhr der Wecker, 4:27 Uhr nahm ich die erste Zahnradbahn zum Štrbské Pleso, kurz vor 5 Uhr konnte es also losgehen….

Der Weg führt zunächst auf der Tatramagistrale leicht bergauf in Richtung Popradské Pleso, dem ich aber erst auf der Rücktour einen Besuch abstatten will. Ich biege also an der Weggabelung kurz vor dem See links ab und laufe weiter. Die Morgenstimmung ist wundervoll, einige Bergspitzen werden bereits von der Sonne wach geküsst, vieles liegt noch im Schatten, sodass ich in einer sehr angenehmen Morgenkühle unterwegs bin. Auf dem Weg nach oben gibt es so viel zu sehen. Der Mix aus Bergblumenwiesen, Wasserfällen, sehr schönen Wegen und dem stets präsenten Bergpanorama ist fantastisch schön. Ich freue mich, so zeitig am Morgen unterwegs zu sein und tatsächlich nur wenige andere Wanderer zu treffen, die aber ebenfalls die Stille und die erwachende Natur zu genießen scheinen.

Am Wasserfall wird der Weg ein wenig steiler und führt in Serpentinen in das Hochtal Kotlina Zabích plies mit den zwei malerisch schönen Bergseen Velké und Malé Zabie Pleso. Hoch über mir beginnt der kurze Ketten- und Steigversicherte Teil der Wanderung, den ich nach einigen Wegserpentinen schnell erreiche. Die gesicherten Stellen sind im Trockenen gar kein Problem – für mich als Kind waren diese Stellen der Inbegriff von Abenteuer – quasi ein Klettergerüst in XXL. 🙂

Wenige Minuten später passiere ich schon die Rysybaude Chata pod Rysmi, der ich aber erst auf der Rücktour einen Besuch abstatten will. Und das ist auch gut so, denn Hundert Meter über der Baude, direkt auf dem Sattel Váha, habe ich die bislang schönste Tierbegegnung des Urlaubs, die ich ansonsten mit Sicherheit verpasst hätte: Auf einem Schneefeld springt ein junger Fuchs umher und scheint sich nicht die Bohne um mich zu kümmern. Er spielt, trommelt auf den Schnee, lauscht nach möglicher Beute, läuft in einem Abstand von 2 Metern an mir vorbei und schaut dann (so wie ich) in die Tiefe – wundervoll!

Der Endanstieg ist einfach und beinhaltet nur kurz vor Schluss ein wenig Kraxelei, und schon stehe ich auf dem Gipfel. Halb 9 Uhr morgens sind schon einige andere Wanderer da – allesamt sehr nett, es ist ein wirklich schöner Moment! Ich lasse den Blick schweifen: Hinunter nach Polen, in Richtung Morskie Oko, im Westen mache ich den Kriváñ aus, auf dem ich einige Tage zuvor war, und in der Gegenrichtung sehe ich die Lomnitzspitze! Für mich hat der Gipfel nichts an seiner Faszination verloren. Wie als kleines Kind freue ich mich, hier oben zu sein und diese tolle Landschaft genießen zu können!

Auf dem Rückweg kehre ich kurz in die Rysybaude ein – die Wirte müssen schließlich auch von etwas leben – und mache natürlich auch einen kleinen Abstecher zum schönsten Bergklo der Hohen Tatra, das in einiger Entfernung zur Baude an einem Felsabgrund steht. 🙂

Auf dem Rückweg sehe ich meine Tagesplanung bestätigt – ich begegne sehr vielen anderen Wanderern, und die Temperaturen sind mittlerweile auch sehr hoch. Alles richtig gemacht also! Nun ist Zeit für einen Besuch des Popradské Pleso, mein Ziel ist der Bergsteigerfriedhof mit der kleinen Kapelle auf der anderen Seite des Sees. Ich schlendere also um den See, sehe viele Details, die Erinnerungen in mir wachrütteln. Schon bald erreiche ich den symbolischen Bergsteigerfriedhof mit seinen vielen Gedenkplatten für die in den Bergen umgekommenen Kletterer und Wanderer.

Während ich mir die Texte auf einigen der Platten durchlese und einen Blick in die kleine Kapelle werfe, spüre ich wie als Kind ein Gefühl der Andacht an die Verstorbenen und die Gewissheit, dass sich hinter jeder Erinnerungsplatte ein Schicksal verbirgt. Gleichzeitig freue ich mich, dass ich mit meinem erneuten Besuch meiner Lieblingsplätze aus meiner Kindheit die Erinnerung aufgefrischt, sie aber nicht zerstört habe.

Gegen Mittag bin ich wieder am Štrbské Pleso – überglücklich! Es ist interessant, wie sich im Lauf der Jahrzehnte vielleicht der Fokus auf verschiedenste Details verändert hat, die Faszination für die Berge und die Natur aber geblieben ist!

Gesamtstrecke: 24694 m
Maximale Höhe: 2482 m
Minimale Höhe: 1323 m
Gesamtanstieg: 1745 m
Gesamtabstieg: -1716 m
Gesamtzeit: 08:08:33

Disclaimer
Ich beschreibe auf meiner kleinen Website natürlich nur meine persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen. In der Bergen seid Ihr selbstverständlich eigenverantwortlich unterwegs. Bitte nutzt vor Euren Touren die mannigfaltigen Informationsmöglichkeiten im Netz, die einschlägige Literatur (z.B. den Wanderführer „Hohe Tatra“ von Václav Klumpar, ISBN: 978-3-7633-4503-8) und/oder konsultiert die Informationsstellen vor Ort. Viel Spaß in den Bergen!

Nach mehreren Jahrzehnten (mein Gott, ich bin alt… ;-D ), in denen ich in anderen Wanderregionen unterwegs war, blicke ich endlich, endlich, endlich wieder auf die mir noch vertraute Silouette der Hohen Tatra und spüre dabei einen Mix aus Vorfreude, Neugierde, Nostalgie und dem Gefühl, nach Hause zu kommen. So seltsam das auch klingen mag. Ich habe noch Erinnerungsfetzen im Kopf, wie ich als 5-Jähriger Knirps auf dem Kriváñ und dem Rysy stehe, an bestimmte Wegabschnitte, an Bergseen, daran, wie ich staunend die Lastenträger beobachtet habe, die mit ihren überdimensionierten Holzkraxen die Berghütten mit all den Dingen versorgen, die dort gebraucht und verkauft werden…

Der Kriváñ (dt.: Kriwan, Ochsenhorn, Krummhorn) war der erste Berggipfel in meinem Leben, und so ist es irgendwie ein schöner Zufall, dass ich auch in diesem Urlaub zuerst diesem populären Tatra-Gipfel einen Besuch abstatten werde. Ich bin in der Hauptferienzeit an einem Samstag unterwegs und rechne mit einem großen Andrang. Deswegen will ich recht zeitig starten und sehr schnell aufsteigen.

Ganz links oben steht der charakteristische krumme Zacken des Kriváñ, gesehen (an einem anderen Tag) vom Štrbské Pleso aus.

Kurz vor 6 Uhr steige ich am Štrbské Pleso aus der Zahnradbahn aus und folge auf den ersten Kilometern der Tatramagistrale, dem gut ausgebauten Weg, der zu Füßen der Hohen Tatra verläuft und somit eine Art Rückgrat des Wegenetzes darstellt. Nach rund einer Stunde zügigen Gehens biege ich einen Steinwurf vom Jamské Pleso entfernt rechts in Richtung Kriváñ ab, von nun an geht es den Bergrücken in mehr oder weniger gerader Linie nach oben.

Zunächst führt ein schmaler Pfad durch wunderschöne Blumenwiesen, schon bald wird der Weg etwas breiter, steiler und steiniger und schraubt sich durch den Wald nach oben, um schließlich in offenes Latschengelände zu münden. Hier habe ich einen tollen Blick zurück zum Štrbské Pleso und hinüber zur Niederen Tatra. Vor mir sehe ich allerdings noch nicht allzu viel.

Dabei wäre zumindest der Vorgipfel meines heutigen Zieles, der Kleine Kriváñ, eigentlich auch die meiste Zeit sichtbar. Zum Zeitpunkt meines Aufstiegs liegt die Wolkenuntergrenze allerdings noch bei rund 2000 m, Vor- und Hauptgipfel schlummern also noch in den Wolken. Eine einzelne Gämse taucht schemenhaft aus dem Grau hervor, begrüßt mich mit einem lauten Ruf und schaut mir eine Weile hinterher, bevor sie wieder verschwindet. Es wird zunehmend kühler. Ich ziehe trockene Kleidung an, trinke etwas und versuche, meine Kindheitserinnerungen zu sortieren: Der Kriváñ war mein erster Berggipfel und ich erinnere mich vage an Blockklettereinlagen kurz vor dem Gipfel. Diese Passage ist nur noch wenige Gehminuten von mir entfernt. Schon bald passiere ich die Stelle, an der sich beide Kriváñ-Zugänge vereinigen und fortan den Endanstieg miteinander teilen. Jetzt sehe und höre ich zum ersten Mal einige vereinzelte andere Wanderer.

Von jetzt an geht es steil nach oben, immer wieder muss ich auch die Hände zu Hilfe nehmen. Die Blockkletterei ist dabei technisch nicht wirklich anspruchsvoll, trockenes Wetter ist aber definitiv von Vorteil, Trittsicherheit meiner Meinung nach zwingende Voraussetzung! Kurz nachdem ich den Kleinen Kriváñ passiert habe, also nur noch 160 Höhenmeter vor mir liegen, erbarmt sich die dicke Wolkensuppe, reißt hier und da auf und lässt dabei einige Blicke in die Tiefe und die Ferne zu!

Was für ein Glück! Ich genieße die letzten Meter des Aufstiegs und komme bereits nach rund 3:20 Stunden Gehzeit ab Štrbské Pleso mit einem Riesengrinsen auf dem Gesicht auf dem Gipfel an. Hier stand ich schon als kleiner Junge! Komisch, wie sehr mich das anfasst, jetzt nach all den Jahren erneut wieder hier stehen zu können und kleine Erinnerungsfetzen mit neuen Eindrücken komplettieren zu können. Mittlerweile ist der Blick fast komplett frei, nur noch wenige Wolken ziehen in hohem Tempo die steilen Hänge hoch. Ich suche mir an der Ostseite des Gipfel einen ruhigen Platz und genieße den traumhaft schönen Blick hinunter zum Krivánske Zelené Pleso und den Nižné Terianske Pleso und hinüber zu all den Gipfeln, die für mich wahre Verheißungen für andere Wanderungen darstellen! Toll!

Beim Abstieg wird schnell deutlich, wie gut das Timing meines zeitigen Aufstiegs doch gewählt war. Mittlerweile sind sehr viele Menschen am Berg unterwegs. Kein Wunder, der Kriváñ gehört mit Sicherheit zu den populärsten Gipfeln des Gebirges! Kurzerhand entscheide ich mich gegen die geplante Abstiegsroute über den Partisanenbunker, weil mir das Treiben auf diesem Weg einfach eine Spur zu bunt wird. Ich gehe also auf dem deutlich weniger begangenen Weg hinunter, über den ich einige Stunden zuvor schon aufgestiegen bin.

Was für ein Glück, meinem ersten Gipfel erneut einen Besuch abgestattet haben zu können und dabei quasi während des ganzen Aufstiegs alleine mit dem Berg gewesen zu sein!

Gesamtstrecke: 20289 m
Maximale Höhe: 2457 m
Minimale Höhe: 1324 m
Gesamtanstieg: 1491 m
Gesamtabstieg: -1460 m
Gesamtzeit: 06:47:06

Disclaimer
Ich beschreibe auf meiner kleinen Website natürlich nur meine persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen. In der Bergen seid Ihr selbstverständlich eigenverantwortlich unterwegs. Bitte nutzt vor Euren Touren die mannigfaltigen Informationsmöglichkeiten im Netz, die einschlägige Literatur (z.B. den Wanderführer „Hohe Tatra“ von Václav Klumpar, ISBN: 978-3-7633-4503-8) und/oder konsultiert die Informationsstellen vor Ort. Viel Spaß in den Bergen!

Die Wetterapps verheißen für Gleitschirmpiloten nix Gutes, und trotzdem wird es ein guter Tag! 🙂 Nanu? Wie geht das denn? Die Leser meiner kleinen Website kennen den Grund vermutlich schon – ich habe mal wieder die Wanderstiefel geschnürt und habe eine interessante Wanderung gemacht. 😀

Wegen des kürzlich gefallenen Neuschnees kann ich meine geplanten langen Touren in Richtung der hohen Dreitausender des Stubaitals leider nicht unternehmen und suche mir ein Stockwerk tiefer in der Nähe meiner Pension Ersatz. Gesucht ist ein Berg mit Aufstieg von der südlichen Seite – dort sollte der Schnee schon wieder geschmolzen sein! Ich entscheide mich für den Hohen Burgstall, einen Berg direkt über dem Ort Neustift im Stubaital, den ich zwar schon etliche Male bestiegen bin, heute aber im Expresstempo über einen für mich neuen Weg direkt von Neustift aus begehen will.

Also los! 🙂 Heute habe ich keine lange Anfahrt, sondern kann direkt von meiner Pension in Neustift aus losgehen. Ganz zu Beginn verläuft der Weg noch auf kleinen Straßen und Fahrwegen, schon sehr bald verschwindet er jedoch im Wald und führt kompromisslos steil den Berg hinauf. Ich freue mich über die Anstrengung und gebe Gas. 🙂 Die Ruhe beim Aufstieg ist wundervoll. Waldvögel begrüßen mich, hin und wieder zirpen Grillen im hohen Gras, und der zackige Wind pfeift durch die Lichtungen, die hin und wieder sehr schöne Blicke zu den gegenüber liegenden Hausbergen Elfer und Zwölfer freigeben, deren Gipfel aber noch teilweise in den Wolken stehen.

Nach rund 1000 Höhenmetern komme ich aus dem Wald heraus, quere einige Weiden, und gehe wenig später auf einem sehr schönen Bergweg mit Blick auf das erste Ziel meiner Tour – die Starkenburger Hütte. Direkt über der Hütte thront der Hohe Burgstall, ist jedoch noch in den Wolken versteckt. Die Hütte ist schnell erreicht, und ich gönne mir als einziger Gast einen Kaiserschmarrn, Kaffee und Almdudler (Nicht meckern, das war der erste Kaiserschmarrn in diesem Urlaub! 😀 Und nach dem sehr schnellen Aufstieg in reichlich der Hälfte der ausgeschriebenen Zeit war er sogar irgendwie verdient. 😉 ). Nach einem netten Schwätzchen mit dem Hüttenwirt übers Gleitschirmfliegen und die besch…eidene Föhnlage, die das Fliegen nachhaltig verhindert, nehme ich den Endaufstieg zum Hohen Burgstall in Angriff. Bislang habe ich keinen anderen Wanderer gesehen und habe den Berg und die wundervoll geheimnisvolle Stimmung ganz für mich: Mit jedem Höhenmeter schälen sich neue Details aus den Wolken. Bizarre Felsformationen, Schafe, die mich verwundert anschauen und mir zuzurufen scheinen: „Alter, was machst Du denn bei dem Wetter hier? Man sieht doch gar nix!“

Ich bin überglücklich und merke, wie sich mit jedem Schritt meine mentalen Akkus aufladen. 🙂 Die letzten hundert Höhenmeter sind teilweise seil- und trittversichert. Besonders im Nassen sind das sicherlich nützliche Hilfsmittel. Heute ist es jedoch größtenteils trocken. Kurz unter dem Gipfel sehe ich die tiefen sulzigen Schneefelder auf der Nordseite und bin sehr sehr froh, an diesem Tag nicht meine nördliche Standardroute auf den Berg genommen zu haben, sondern der südlichen schneefreien und trockenen Alternative gefolgt zu sein.

Am Gipfelkreuz empfängt mich ein ein schöner Mix aus ständig wechselnden Anteilen von dichter Wolkensuppe, aufgerissenen Bereichen, freien Blicken und allen Schattierungen dazwischen. 🙂 Spannend, kurzweilig und wunderschön! 🙂 Ich verweile kurz und gehe dann denselben Weg bis kurz vor der Hütte zurück. Dort biege ich dann aber in Richtung Kreuzjoch ab und verzichte auf den steilen Weg zurück ins Tal. Viel lieber verbringe ich noch ein wenig Zeit auf derselben Höhe und fahre später mit der Schlickseilbahn nach Fulpmes und nehme anschließend den Bus zurück nach Neustift. Der Weg zum Kreuzjoch ist recht einfach und hat nur wenige kleinere An- und Abstiege, bietet aber sehr schöne Ausblicke zurück zum Hohen Burgstall und hinüber auf die andere Talseite zu den ikonischen Bergen des vorderen Stubais, der Serles, der Kesselspitze, Kirchdach & Co.

Auf diesem Wegabschnitt hatte ich die lustigste Tierbegegnung meines kurzen Stubaiaufenthaltes: Als der Weg um eine Felsnase herumführt und ich um die Ecke schaue, steht da ein Murmeltier auf dem Weg und schaut mich einige Augenblicke verwundert an. Dann dreht es sich um und wackelt mit seinem niedlichen Murmeltierhintern auf dem Weg davon, um nach 20 Metern dann in freies Gelände abzubiegen – was für ein lustiger Anblick! 🙂 Etwas später kann ich noch weitere Murmeltiere beobachten (und diesmal auch fotografieren). 😉

Der letzte Wegabschnitt im Bereich der Schlicker Skipisten ist nicht wirklich spannend, ich werde allerdings mit einem atemberaubend schönen Blick hinüber zu den Kalkkögeln entschädigt. Dieses Massiv zu umrunden und zu überschreiten, steht ebenfalls auf meiner langen Liste… Vielleicht klappt’s im kommenden Jahr! 🙂

Die Kalkkögel – für mich besonders schön, wenn sie so wie hier ein wenig in den Wolken stehen. 🙂

Die Bahn bringt mich schnell ins Tal zurück, ich muss nur noch ins Zentrum von Fulpmes laufen, wo schon bald der Bus nach Neustift abfährt. Ein sehr schöner Tag! 🙂

Gesamtstrecke: 13439 m
Maximale Höhe: 2609 m
Minimale Höhe: 980 m
Gesamtanstieg: 1992 m
Gesamtabstieg: -864 m
Gesamtzeit: 05:39:11

Ich erzähle auf meiner Seite natürlich nur von meinen persönlichen Erlebnissen, Erfahrungen und Einschätzungen. In den Bergen seid Ihr eigenverantwortlich unterwegs. Informiert Euch bitte vor Euren Touren in der einschlägigen Literatur und/oder in den Informationszentralen vor Ort. Viel Spaß beim Wandern! 🙂

Pertisau – Seebergspitze (2085m) – Pasillsattel – Pletzachalm – Pertisau

„Strrrrrike, eine schwarze Route!“, schoss es mir durch den Kopf, als ich mir am Vortag die Karte angeschaut hatte. Die Seebergspitze ist einer der Hausberge von Pertisau am Achensee, und der Weg startet nur wenige Meter neben der Uferpromenade. Normalerweise wäre der Berg also ein typischer Kandidat für Massenaufstiege, die so gar nicht mein Geschmack sind. Die schwarze Kennzeichnung weist aber auf signifikante Schwierigkeiten hin, sodass bei den für meinen Wandertag angesagten 30 Grad hoffentlich viele Leute dem kühlen Achensee den Vorzug geben werden.

Die Seebergspitze über dem Achensee. 🙂

Da die Seebergspitze ein früher Berg ist, der schon am Morgen voll in der Sonne steht, bin ich erleichtert, dass sich der Weg zunächst zwar steil aber sehr angenehm im Schatten der Bäume den Hang hinauf schlängelt. Immer wieder eröffnen sich mir dabei wundervolle Blicke auf den Achensee, den Zwölfer, den Bärenkopf und den Rofan. Auf halber Höhe wird der Weg etwas flacher und die Vegetation wechselt. Eben noch Mischwald, nun haben Latschenkiefern die Oberhand. Die Sonne knallt mittlerweile ganz ordentlich. Mein Hut und eine leichte Brise sorgen aber für noch angenehme Temperaturen. Der Weg wird nun mit jedem Meter felsiger und schlängelt sich über mehrere kleine Kuppen dem Ziel entgegen. Besonders gefallen mir dabei die wenigen schmalen Gratstellen, an denen es rechts steil zum Achensee runtergeht und der Abgrund auf meiner linken Seite ebenfalls nur wenige Zentimeter entfernt ist. Hin und wieder muss ich an kleinen Kraxelstellen die Hände zu Hilfe nehmen. Der Weg ist aber nicht wirklich schwer, sondern hat die schwarze Einstufung vermutlich nur wegen der Steilheit und der wenigen etwas ausgesetzten Stellen.

Schon nach zwei Stunden Gehzeit stehe ich auf der Seebergspitze und genieße den wundervollen Ausblick! Im Norden winkt die Seekarspitze, die man auch von der Seebergspitze gut erreichen kann. Ganz weit unten strahlt und glitzert der Achensee, und der Rofan, Bärenkopf und Zwölfer grüßen ebenfalls. In westlicher Richtung hat man einen tollen Blick auf das Karwendelgebirge, das ich in Zukunft viel intensiver erkunden möchte.

Natürlich nutze ich die kleine Brotzeit am Gipfel auch für einen Check der gängigen Wetterapps – die morgendliche Windprognose hat sich bestätigt, kein Flugwetter! Ok, also haben wir heute alles richtig gemacht, das Gleitschirmzeug in der Pension stehen zu lassen. Ich bin noch dabei, per Signal die anderen verhinderten Gleitschirmflieger zu grüßen, die sich heute für eine Talwanderung entschieden hatten, als meine persönliche Hauptattraktion des Tages „die Bühne betritt“: Ein Pärchen Alpendohlen soart am Gipfelkreuz wie in Zeitlupe im straffen Wind. Was für Flugkünstler! Die beiden spielen mit dem Wind, winzige Korrekturen der Schwanzfedern und Flügel sorgen für atemberaubende Flugmanöver! Und während ich der einen Dohle noch beim Fliegen zuschaue, gesellt sich die andere mit kleinen Hüpfern zu mir und lässt sich von mir füttern, nur 5 cm von meiner Hand entfernt. Ein Haps des Müsliriegels für mich, der andere gehört meiner neuen Freundin… Hach, was für ein glücklicher Moment!! 🙂

Es ist Zeit aufzubrechen: Von nun an geht es in westlicher Richtung bergab zum Pasillsattel und von da über die Pletzachalm nach Pertisau. Die ersten Wegmeter sind wundervoll: links und rechts geht es steil hinunter! Später wird der Weg ein wenig mühsam, es ist aber alles im grünen Bereich. Am Pasillsattel folge ich dem Wegweiser nach Süden und laufe nun in langen Serpentinen den Berg hinunter ins Tal. Zu Beginn ohne Schatten, weiter unten verläuft der Weg zumindest teilweise im Wald. Die Alm lasse ich rechts liegen und bin sehr erfreut, dass ich die letzten Kilometer nicht auf der Straße, sondern etwas erhöht auf einem Waldweg absolvieren kann.

Was für ein schöner Tag! Ich bin froh, die Runde in dieser Richtung gegangen zu sein! Alles richtig gemacht also! 🙂

Wie immer gilt auch hier mein Standard-Diclaimer: Ich gebe in meinen kleinen Artikeln nur meine persönlichen Erfahrungen wieder. In den Bergen seid Ihr nat. eigenverantwortlich unterwegs und solltet Euch vor einer Tour ausführlich informieren.

Gesamtstrecke: 15010 m
Maximale Höhe: 2070 m
Minimale Höhe: 931 m
Gesamtanstieg: 1266 m
Gesamtabstieg: -1262 m
Gesamtzeit: 05:18:20

Maurach – Weißenbachalm – Ochsenspitze – Gamskarspitze – Kaserjoch – Falzthurntal – Pertisau -Maurach

Es zieht sich fast schon wie ein Mantra durch die Wanderrubrik meiner Website: Wieder einmal musste ich aufs Fliegen verzichten. Der Südwind war einfach zu stark und zu turbulent. Sich an einem solchen Tag unter einen Gleitschirm zu hängen, wäre keine gute Idee gewesen. In einem Gleitschirmurlaub ist dies auf der einen Seite meganervig, andererseits konnte ich dadurch endlich einmal ausführlicher das wundervolle Karwendelgebirge im Norden der Alpen erkunden.

Und so machte ich mich mit zwei anderen verhinderten Gleitschirmpilotinnen von Maurach aus auf den Weg hinauf zur Weißenbachalm, die kurioserweise fest in sächsischer Hand ist: Die Besitzerin kommt aus Bad Schandau, dem kleinen Kurörtchen in der Sächsischen Schweiz, die Kellnerin hat ihre Wurzeln ebenfalls in der Nähe von Dresden und trägt ihre Herkunft sozusagen auf der Zunge… Wir machen unsere Witze über den sächsischen Einfluss in den Nordalpen (Dresdner Hütte im Stubai, die Weißenbachalm am Achensee), essen eine Kleinigkeit und beobachten dabei die seelig grasenden Kühe auf der Alm.

Meine Wanderbegleitung hat an diesem Tag keine Lust auf weitere Höhenmeter, sodass ich von nun ab alleine unterwegs bin. Oberhalb der Alm erreiche ich bereits nach wenigen Gehminuten den Weißenbachsattel (1668m). Die meisten Wanderer folgen von hier dem Weg zum Bärenkopf, dem ikonischen Berg am Südende des Achensees. Ich kenne den Aufstieg schon von einer früheren Wanderung und entscheide mich für eine südliche Route, die mich über das Stanzer Joch, einen viel versprechenden Kammweg, dem Kaserjoch und über das Falzthurntal im großen Bogen wieder zurück nach Maurach führt. Alles Neuland für mich – fantastisch!

Also los: Das Stanzer Joch liegt auf etwas über 2100 Höhenmetern und ist schnell erreicht. Wenige Meter neben dem Joch klettere ich weglos auf einen kleinen Aussichtsfelsen, der mir einen wundervollen Panoramablick in Richtung Weißenbachtal einerseits und Achensee, Seeebergspitze & Co. andererseits ermöglicht. Auf dem Joch treffe ich an diesem Tag zum letzten Mal andere Wanderer. Die nächsten Stunden bin ich komplett allein unterwegs – was für ein Glück! 🙂

Vom Joch aus folge ich dem „Stanzer Joch Kamm“, der in westlicher Richtung auf der Südseite des Grates verläuft. Der Ochsenkopf (2148m), die Gamskarspitze (2098m) und die Kaserjochspitze (2198m) liegen dabei jeweils neben dem Weg, können problemlos bestiegen werden und locken mit wundervollen Ausblicken, tiefen Abgründen und immer wieder neuen Perspektiven: In südlicher Richtung präsentieren die 3000er des Alpenhauptkamms ihre schneebedeckten Gipfel, in Verlängerung des Kammwegs nach Westen eröffnen sich sehr schöne Blicke ins weitere Karwendel und in Richtung Norden und Nordosten ist immer wieder der wundervoll türkisblau leuchtende Achensee und die direkt angrenzenden Gipfel zu sehen.

Das Kaserjoch ist mein westlichstes Ziel an diesem Tag. Die direkt neben dem Joch stehende Rappenspitze ist ebenfalls ein überaus viel versprechendes Ziel, kann jedoch ausschließlich über einen in einem großen Bogen verlaufenden Weg begangen werden – zu viel für mich an diesem Tag, ich habe schließlich noch einen weiten Weg vor mir.

Ich steige in Richtung Norden vom Joch hinunter. Der Weg führt über Geröllfelder, saftige Wiesen voller Wiesenblumen und tanzenden Schmetterlingen vorbei an kleinen Schmelzwasserseen. Es geht über kleine sulzige Schneefelder und schließlich steil hinunter, einen kleinen Gegenanstieg hinauf, vorbei an einer unbewirtschafteten Hütte und schließlich über unzählige enge Serpentinen steil hinab ins Falzthurntal.

In der Jausenstation Falzturn möchte ich eigentlich einen Kaffee trinken, werde aber beharrlich vom Kellner ignoriert und gehe schließlich ohne Stärkung weiter. Das macht aber nix – nach all den Eindrücken an diesem wundervollen Tag kann mich nichts erschüttern! 🙂 Der Talweg führt zunächst die Straße entlang, teilt sich aber bereits nach ca. 2 km auf. Wanderer und Radfahrer können der direkten Forststraße folgen, die Autos sind dabei außen vor – sehr schön!

Nach wenigen Kilometern erreiche ich den Touriort Pertisau, laufe an der Zwölferbahn und der Flugschule vorbei, passiere die Gleitschirmlandeplätze und folge schließlich der Uferpromenade des Achensees die letzten 5 Kilometer nach Maurach. Jetzt habe ich Zeit, den Tag Revue passieren zu lassen: Das Karwendelgebirge ist ein wundervolles Wandergebiet, das ich in Zukunft intensiver erkunden möchte. Ich hatte einen sehr schönen Tag voller schönster Naturerlebnisse und kann die Tour jedem empfehlen, der schwindelfrei, trittsicher und (wegen des steilen Abstiegs ins Falzthurntal) gesunde Knie und eine ausreichende Kondition hat.

Ich gebe in meinen Artikeln natürlich nur meine persönlichen Erfahrungen und Erlebnisse wieder. In den Bergen seid Ihr eigenverantwortlich unterwegs. Bitte informiert Euch vor Euren Touren in der einschlägigen Literatur und/oder in den Informationszentren vor Ort. Viel Spaß!

Gesamtstrecke: 27717 m
Maximale Höhe: 2137 m
Minimale Höhe: 931 m
Gesamtanstieg: 1755 m
Gesamtabstieg: -1756 m
Gesamtzeit: 08:17:51

Kampl – Kesselspitze (2728m) – Kalbenjoch (2226m) – Serles (2718m) – Wildeben – Kampl

Nun saß ich also wieder in meiner Pension am Frühstückstisch und genoss den herrlichen Blick auf die Kesselspitze und die Serles, die beiden prominenten Berge im vorderen Teil des Stubais. Den Aufstieg zur Kesselspitze musste ich am Vortag wegen aufziehender Gewitter abbrechen, doch nun schien sich das Wetter endlich etwas beruhigt zu haben: Bis auf einige prognostizierte Regenschauer war in Windy, Meteoblue & Co. nichts Bedrohliches zu sehen! Fantastisch! 🙂

2023: Frühstück mit Blick zur Serles und Kesselspitze
2023: Frühstück mit Blick zur Serles und Kesselspitze

Diesmal hatte ich mir eine Tour überlegt, in der ich ein für mich noch unbekanntes Gebiet des Stubais erkunden können würde: Auf der Kesselspitze (2728m) war ich schon, auch der Serles (2718m) hatte ich schon einen Besuch abgestattet. Allerdings hatte ich die Berge noch nie miteinander verbunden! Dafür hatte ich mir den Weg über das an der „Rückseite“ der beiden Gipfel gelegene Kalbenjoch (2226m) herausgesucht! 🙂

In Windeseile hatte ich gefrühstückt, den Rucksack gepackt und stand schon kurz darauf in Kampl am Startpunkt meiner Wanderung. Nun ging es also zunächst zur Kesselspitze hinauf! Den Aufstieg kannte ich ja bereits von früheren Wanderungen und freute mich dennoch erneut darauf. Der Weg ist wegen seiner Steilheit (bei höherem Tempo) herausfordernd und recht abwechslungsreich. Während es im unteren Bereich durch den Wald geht, folgen später Latschen-, Grat- und Geröll- sowie Felspassagen mit wundervollen Blicken in die Tiefe und die Umgebung! 🙂 Ab ca. 2000m war ich in den Wolken unterwegs, die sich immer mal wieder ausdünnten und schöne, geheimnisvolle Blicke in die Umgebung freigaben, um sich kurz darauf wieder zu einer weißen Wand zusammen zu schließen.

Nach rund 2,5 Stunden stand ich am Gipfelkreuz der Kesselspitze, einem meiner Lieblingsberge im Stubai, und schaute ins Rund: Viel war nicht zu sehen und dennoch war es spannend: Lugte da hinten der Habicht (3277m) aus den Wolken? Schwups, schon war wieder alles weiß! Und das da drüben war doch die Kirchdachspitze (2840m), oder? Zack, wieder war alles weiß! 😀 Von meinen nächsten Wanderzielen war ebenfalls nichts zu erahnen. Ich gönnte mir ein kleines 2. Frühstück, und dann ging es auch schon weiter. Von nun ab also Neuland! 🙂

Der Weg zum Kalbenjoch führt zunächst ein wenig am Kesselspitzengrat entlang und schlängelt sich dann über Geröllpassagen nach unten. Wenig später ändert sich der Charakter der Wege: alles wurde grüner, offener, weiter! Der Weg war komplett unproblematisch, und es gab viele Gelegenheiten, die Aussichten zu genießen. Hier und da zeigten sich Gämsen! Erst eine, dann eine weitere und später sogar ein ganzer Familienverband! Was für ein schönes Erlebnis!

Am Kalbenjoch hätte ich noch einen Abstecher auf die Pfeilspitze unternehmen können. Im Anbetracht der noch vor mir liegenden Kilometer und Höhenmeter habe ich aber darauf verzichtet und bin direkt nach links abgebogen und folgte nun einem leicht ansteigenden Weg, der sich auf halber Höhe am Berg entlangschlängelte. Schon bald kam das Serlesjöchel in den Blick, die mächtige Serles verbarg sich aber noch hinter den Wolken.

Am Serlesjöchel habe ich dann tatsächlich 5 andere Wanderer gesehen. Wir waren aber mit unterschiedlichen Zielen unterwegs, sodass ich schon kurz darauf wieder alleine unterwegs war. Ansonsten war ich den ganzen Tag alleine unterwegs. 🙂 Ich liebe solche Wanderungen – für mich ist dann das Naturerlebnis noch viel intensiver und die Chancen, einige Wildtiere zu sehen, sind natürlich viel größer! 🙂

Noch immer stand die Serles in den Wolken, mittlerweile regnete es auch wieder und das Wetterradar gab keinerlei Anlass für den Hauch von Hoffnung auf eine tolle Aussicht vom Gipfel. Ich bin natürlich trotzdem aufgestiegen… 😉 Gleich zu Beginn muss man eine kleine Leiterpassage und seilversicherte Stellen überwinden, die im Trockenen völlig unproblematisch sind, im Nassen aber ganz gelegen kommen. Später windet sich der Weg in Geröllserpentinen nach oben und wird erst kurz vor dem Gipfel felsiger. Wie erwartet, war die Aussicht von der Serles an diesem Tag …. schnittfest… ;-D Doch wenig später zog es auf dem Weg zurück zum Serlesjöchel immer mal wieder kurz auf:

Nun hatte ich alle Höhenmeter hinter mir, von nun an ging es also nur noch rund 1700m nach unten zum Ausgangspunkt der Wanderung. Der Weg vom Serlesjöchel zur Wildeben-Hütte ist steil und führt größtenteils über Geröllserpentinen nach unten:

Auf halbem Weg zurück ins Stubaital liegt der Berggasthof Wildeben, ein wundervolles Plätzchen mit netten Wirten, in dem ich immer Halt mache, wenn ich in der Nähe bin. Diesmal habe ich einen Kaiserschmarrn, ’nen Almdudler und den größten Kaffee auf der Karte bestellt und ließ beim Essen den Tag noch einmal Revue passieren:

Eigentlich war ich ja wieder einmal zum Gleitschirmfliegen ins Stubai gekommen. Aber wie so oft in den letzten Jahren hatte Petrus andere Pläne! Und dennoch war ich glücklich! Diese Wanderungen alleine in den Bergen sind für mich wirkliche Glücksmomente und füllen meine Akkus auf. Es fühlt sich fast schon falsch an, dabei von einem „Plan B“ zu sprechen. Es fühlt sich einfach „anders wunderbar“ an. Beim Fliegen genieße ich die Ruhe und die Aussicht aus der Luft, das Wandern schenkt mir aber auch wundervolle Momente, die ich nie vergessen werde. 🙂

Die letzten 700m hinab ins Stubaital habe ich dann im Eiltempo absolvieren müssen, weil ich die Supermarktöffnungszeiten geringfügig aus dem Blick verloren hatte und dringend noch etwas einkaufen musste! Naja, challenge accepted and accomplished! ;-D

Eine wundervolle Wanderung! Die Passagen rund um die Serles und der Kesselspitze würde ich nur bei trockenem Wetter und Trittsicherheit empfehlen. Den Abstieg vom Serlesjöchel ins Stubaital sollten Wanderer mit Problem(ch)en im Kniebereich meiner Meinung nach vermeiden. Der Weg ist extrem steil und wegen des Gerölls sehr rutschig. Dann wäre die Alternative über Maria Waldrast mit anschließender Bahnfahrt nach unten sicherlich sinnvoller. Eine Wetterlage mit etwas höherer Wolkenbasis kann vermutlich auch nicht schaden, dann ergeben sich quasi den ganzen Tag über wundervolle Ausblicke! 🙂

Disclaimer

Ich gebe hier nur meine eigenen Eindrücke von der Tour und den Schwierigkeiten wieder. In den Bergen seid Ihr natürlich eigenverantwortlich unterwegs. Informiert Euch bitte bei den ultrafreundlichen Bergführern im Bergführerbüro in Neustift in der Nähe der Kirche und/oder zieht Literatur zu Rate. Viel Spaß! 🙂

Gesamtstrecke: 18779 m
Maximale Höhe: 2713 m
Minimale Höhe: 1039 m
Gesamtanstieg: 2262 m
Gesamtabstieg: -2255 m
Gesamtzeit: 08:45:43
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