Pertisau – Seebergspitze (2085m) – Pasillsattel – Pletzachalm – Pertisau

„Strrrrrike, eine schwarze Route!“, schoss es mir durch den Kopf, als ich mir am Vortag die Karte angeschaut hatte. Die Seebergspitze ist einer der Hausberge von Pertisau am Achensee, und der Weg startet nur wenige Meter neben der Uferpromenade. Normalerweise wäre der Berg also ein typischer Kandidat für Massenaufstiege, die so gar nicht mein Geschmack sind. Die schwarze Kennzeichnung weist aber auf signifikante Schwierigkeiten hin, sodass bei den für meinen Wandertag angesagten 30 Grad hoffentlich viele Leute dem kühlen Achensee den Vorzug geben werden.

Die Seebergspitze über dem Achensee. 🙂

Da die Seebergspitze ein früher Berg ist, der schon am Morgen voll in der Sonne steht, bin ich erleichtert, dass sich der Weg zunächst zwar steil aber sehr angenehm im Schatten der Bäume den Hang hinauf schlängelt. Immer wieder eröffnen sich mir dabei wundervolle Blicke auf den Achensee, den Zwölfer, den Bärenkopf und den Rofan. Auf halber Höhe wird der Weg etwas flacher und die Vegetation wechselt. Eben noch Mischwald, nun haben Latschenkiefern die Oberhand. Die Sonne knallt mittlerweile ganz ordentlich. Mein Hut und eine leichte Brise sorgen aber für noch angenehme Temperaturen. Der Weg wird nun mit jedem Meter felsiger und schlängelt sich über mehrere kleine Kuppen dem Ziel entgegen. Besonders gefallen mir dabei die wenigen schmalen Gratstellen, an denen es rechts steil zum Achensee runtergeht und der Abgrund auf meiner linken Seite ebenfalls nur wenige Zentimeter entfernt ist. Hin und wieder muss ich an kleinen Kraxelstellen die Hände zu Hilfe nehmen. Der Weg ist aber nicht wirklich schwer, sondern hat die schwarze Einstufung vermutlich nur wegen der Steilheit und der wenigen etwas ausgesetzten Stellen.

Schon nach zwei Stunden Gehzeit stehe ich auf der Seebergspitze und genieße den wundervollen Ausblick! Im Norden winkt die Seekarspitze, die man auch von der Seebergspitze gut erreichen kann. Ganz weit unten strahlt und glitzert der Achensee, und der Rofan, Bärenkopf und Zwölfer grüßen ebenfalls. In westlicher Richtung hat man einen tollen Blick auf das Karwendelgebirge, das ich in Zukunft viel intensiver erkunden möchte.

Natürlich nutze ich die kleine Brotzeit am Gipfel auch für einen Check der gängigen Wetterapps – die morgendliche Windprognose hat sich bestätigt, kein Flugwetter! Ok, also haben wir heute alles richtig gemacht, das Gleitschirmzeug in der Pension stehen zu lassen. Ich bin noch dabei, per Signal die anderen verhinderten Gleitschirmflieger zu grüßen, die sich heute für eine Talwanderung entschieden hatten, als meine persönliche Hauptattraktion des Tages „die Bühne betritt“: Ein Pärchen Alpendohlen soart am Gipfelkreuz wie in Zeitlupe im straffen Wind. Was für Flugkünstler! Die beiden spielen mit dem Wind, winzige Korrekturen der Schwanzfedern und Flügel sorgen für atemberaubende Flugmanöver! Und während ich der einen Dohle noch beim Fliegen zuschaue, gesellt sich die andere mit kleinen Hüpfern zu mir und lässt sich von mir füttern, nur 5 cm von meiner Hand entfernt. Ein Haps des Müsliriegels für mich, der andere gehört meiner neuen Freundin… Hach, was für ein glücklicher Moment!! 🙂

Es ist Zeit aufzubrechen: Von nun an geht es in westlicher Richtung bergab zum Pasillsattel und von da über die Pletzachalm nach Pertisau. Die ersten Wegmeter sind wundervoll: links und rechts geht es steil hinunter! Später wird der Weg ein wenig mühsam, es ist aber alles im grünen Bereich. Am Pasillsattel folge ich dem Wegweiser nach Süden und laufe nun in langen Serpentinen den Berg hinunter ins Tal. Zu Beginn ohne Schatten, weiter unten verläuft der Weg zumindest teilweise im Wald. Die Alm lasse ich rechts liegen und bin sehr erfreut, dass ich die letzten Kilometer nicht auf der Straße, sondern etwas erhöht auf einem Waldweg absolvieren kann.

Was für ein schöner Tag! Ich bin froh, die Runde in dieser Richtung gegangen zu sein! Alles richtig gemacht also! 🙂

Wie immer gilt auch hier mein Standard-Diclaimer: Ich gebe in meinen kleinen Artikeln nur meine persönlichen Erfahrungen wieder. In den Bergen seid Ihr nat. eigenverantwortlich unterwegs und solltet Euch vor einer Tour ausführlich informieren.

Gesamtstrecke: 15010 m
Maximale Höhe: 2070 m
Minimale Höhe: 931 m
Gesamtanstieg: 1266 m
Gesamtabstieg: -1262 m
Gesamtzeit: 05:18:20

Maurach – Weißenbachalm – Ochsenspitze – Gamskarspitze – Kaserjoch – Falzthurntal – Pertisau -Maurach

Es zieht sich fast schon wie ein Mantra durch die Wanderrubrik meiner Website: Wieder einmal musste ich aufs Fliegen verzichten. Der Südwind war einfach zu stark und zu turbulent. Sich an einem solchen Tag unter einen Gleitschirm zu hängen, wäre keine gute Idee gewesen. In einem Gleitschirmurlaub ist dies auf der einen Seite meganervig, andererseits konnte ich dadurch endlich einmal ausführlicher das wundervolle Karwendelgebirge im Norden der Alpen erkunden.

Und so machte ich mich mit zwei anderen verhinderten Gleitschirmpilotinnen von Maurach aus auf den Weg hinauf zur Weißenbachalm, die kurioserweise fest in sächsischer Hand ist: Die Besitzerin kommt aus Bad Schandau, dem kleinen Kurörtchen in der Sächsischen Schweiz, die Kellnerin hat ihre Wurzeln ebenfalls in der Nähe von Dresden und trägt ihre Herkunft sozusagen auf der Zunge… Wir machen unsere Witze über den sächsischen Einfluss in den Nordalpen (Dresdner Hütte im Stubai, die Weißenbachalm am Achensee), essen eine Kleinigkeit und beobachten dabei die seelig grasenden Kühe auf der Alm.

Meine Wanderbegleitung hat an diesem Tag keine Lust auf weitere Höhenmeter, sodass ich von nun ab alleine unterwegs bin. Oberhalb der Alm erreiche ich bereits nach wenigen Gehminuten den Weißenbachsattel (1668m). Die meisten Wanderer folgen von hier dem Weg zum Bärenkopf, dem ikonischen Berg am Südende des Achensees. Ich kenne den Aufstieg schon von einer früheren Wanderung und entscheide mich für eine südliche Route, die mich über das Stanzer Joch, einen viel versprechenden Kammweg, dem Kaserjoch und über das Falzthurntal im großen Bogen wieder zurück nach Maurach führt. Alles Neuland für mich – fantastisch!

Also los: Das Stanzer Joch liegt auf etwas über 2100 Höhenmetern und ist schnell erreicht. Wenige Meter neben dem Joch klettere ich weglos auf einen kleinen Aussichtsfelsen, der mir einen wundervollen Panoramablick in Richtung Weißenbachtal einerseits und Achensee, Seeebergspitze & Co. andererseits ermöglicht. Auf dem Joch treffe ich an diesem Tag zum letzten Mal andere Wanderer. Die nächsten Stunden bin ich komplett allein unterwegs – was für ein Glück! 🙂

Vom Joch aus folge ich dem „Stanzer Joch Kamm“, der in westlicher Richtung auf der Südseite des Grates verläuft. Der Ochsenkopf (2148m), die Gamskarspitze (2098m) und die Kaserjochspitze (2198m) liegen dabei jeweils neben dem Weg, können problemlos bestiegen werden und locken mit wundervollen Ausblicken, tiefen Abgründen und immer wieder neuen Perspektiven: In südlicher Richtung präsentieren die 3000er des Alpenhauptkamms ihre schneebedeckten Gipfel, in Verlängerung des Kammwegs nach Westen eröffnen sich sehr schöne Blicke ins weitere Karwendel und in Richtung Norden und Nordosten ist immer wieder der wundervoll türkisblau leuchtende Achensee und die direkt angrenzenden Gipfel zu sehen.

Das Kaserjoch ist mein westlichstes Ziel an diesem Tag. Die direkt neben dem Joch stehende Rappenspitze ist ebenfalls ein überaus viel versprechendes Ziel, kann jedoch ausschließlich über einen in einem großen Bogen verlaufenden Weg begangen werden – zu viel für mich an diesem Tag, ich habe schließlich noch einen weiten Weg vor mir.

Ich steige in Richtung Norden vom Joch hinunter. Der Weg führt über Geröllfelder, saftige Wiesen voller Wiesenblumen und tanzenden Schmetterlingen vorbei an kleinen Schmelzwasserseen. Es geht über kleine sulzige Schneefelder und schließlich steil hinunter, einen kleinen Gegenanstieg hinauf, vorbei an einer unbewirtschafteten Hütte und schließlich über unzählige enge Serpentinen steil hinab ins Falzthurntal.

In der Jausenstation Falzturn möchte ich eigentlich einen Kaffee trinken, werde aber beharrlich vom Kellner ignoriert und gehe schließlich ohne Stärkung weiter. Das macht aber nix – nach all den Eindrücken an diesem wundervollen Tag kann mich nichts erschüttern! 🙂 Der Talweg führt zunächst die Straße entlang, teilt sich aber bereits nach ca. 2 km auf. Wanderer und Radfahrer können der direkten Forststraße folgen, die Autos sind dabei außen vor – sehr schön!

Nach wenigen Kilometern erreiche ich den Touriort Pertisau, laufe an der Zwölferbahn und der Flugschule vorbei, passiere die Gleitschirmlandeplätze und folge schließlich der Uferpromenade des Achensees die letzten 5 Kilometer nach Maurach. Jetzt habe ich Zeit, den Tag Revue passieren zu lassen: Das Karwendelgebirge ist ein wundervolles Wandergebiet, das ich in Zukunft intensiver erkunden möchte. Ich hatte einen sehr schönen Tag voller schönster Naturerlebnisse und kann die Tour jedem empfehlen, der schwindelfrei, trittsicher und (wegen des steilen Abstiegs ins Falzthurntal) gesunde Knie und eine ausreichende Kondition hat.

Ich gebe in meinen Artikeln natürlich nur meine persönlichen Erfahrungen und Erlebnisse wieder. In den Bergen seid Ihr eigenverantwortlich unterwegs. Bitte informiert Euch vor Euren Touren in der einschlägigen Literatur und/oder in den Informationszentren vor Ort. Viel Spaß!

Gesamtstrecke: 27717 m
Maximale Höhe: 2137 m
Minimale Höhe: 931 m
Gesamtanstieg: 1755 m
Gesamtabstieg: -1756 m
Gesamtzeit: 08:17:51